Preis der LiteraTour Nord 2021 geht an Iris Wolff
Doppel-Preisverleihung an Ulrike Draesner (Preisträgerin 2020) und Iris Wolff (Preisträgerin 2021) am 8. Juli 2021
Die Schriftstellerin Iris Wolff erhält den von der VGH Stiftung ausgelobten und mit 15.000 Euro dotierten Preis der LiteraTour Nord 2021. Mit dieser Entscheidung würdigen Jury und Stiftung die Autorin sowohl für ihr bisheriges Werk als auch für ihren zuletzt erschienenen Roman Die Unschärfe der Welt (Klett-Cotta, 2020).
In der Jury-Begründung heißt es: „Subtil und unaufgeregt, gegenwartsbezogen und doch zeitlos, unvoreingenommen beobachtend und zugleich treffsicher kommentierend, gelingt es Iris Wolff in feiner, präziser und beinahe musikalisch klingender Sprache eine Geschichte des 20. Jahrhunderts zu erzählen. Sie fordert, über die konkrete Epoche und ihre Figuren hinaus, Haltung statt Bekenntnis, politisches Bewusstsein statt Parteilichkeit. Im Übergang der politischen Systeme von der rumänischen Monarchie über die Teilung Europas bis zum Fall der Mauer und in der Kontingenzerfahrung der Beziehungen und des menschlichen Lebens, bleibt die Sehnsucht nach einem freien Leben. Iris Wolff gestaltet in ihrem Roman literarisch die Grunderfahrung der Menschen im zwanzigsten Jahrhundert auf der Suche nach der eigenen Identität im lebensweltlichen Resonanzraum aus Ort, Sprache, Beziehung und Erinnerung – der Heimat.“
Iris Wolff, geboren 1977 in Sibiu (Hermannstadt), emigrierte 1985 nach Deutschland und studierte Germanistik, Religionswissenschaften sowie Grafik und Malerei in Marburg a. d. Lahn. Für ihre Romane wurde sie bereits mehrfach ausgezeichnet, u.a. erhielt sie 2019 den Marieluise-Fleißer-Preis für ihr Gesamtwerk. Die Unschärfe der Welt ist ihr vierter Roman. Iris Wolff lebt in Freiburg im Breisgau.
Bei der Preisverleihung am Donnerstag, den 8. Juli, nehmen sowohl Iris Wolff als auch Ulrike Draesner den Preis der LiteraTour Nord von Friedrich v. Lenthe, dem Vorsitzenden des Vorstandes der VGH Stiftung, entgegen.
Die Doppel-Preisverleihung findet in den Räumen der VGH Versicherungen in Hannover statt. Beginn ist 19 Uhr. Eine Livestream-Übertragung ist geplant.
Die Laudationes halten der Leiter der FAZ-Literaturredaktion, Andreas Platthaus (auf Iris Wolff), sowie die Journalistin und Literaturwissenschaftlerin Silke Behl (auf Ulrike Draesner).
Ausblick auf die Tour 2021/22:
Zum Abschluss des Abends werden die Teilnehmer*innen der 30. LiteraTour Nord bekannt gegeben!
Vorgestellt: Die Kandidaten im Überblick
Zwischen Oktober 2020 und Januar 2021 sollten die Autorinnen und Autoren durch Bremen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern reisen. Doch die Lesungen der LiteraTour Nord 2020/2021 sind fast vollständig der Corona-Pandemie und den daraus folgenden Lock- und Shutdowns zum Opfer gefallen. Am 26.01.21 sollte die letzte Lesung dieser Saison bei uns stattfinden, doch nur Roman Ehrlich konnte im Oktober zu einer Präsenzlesung nach Rostock kommen. Damit das Publikum trotzdem an den Lesungen teilhaben kann, wurden fünf der geplanten Lesungen in Hannover aufgezeichnet und stehen online zur Verfügung. Die Zuschauer:innen dürfen auch dieses Mal bei der Entscheidung über den mit 15.000 Euro dotierten Preis der LiteraTour Nord mitwirken, der von der VGH Stiftung finanziert wird!
Neu in diesem Jahr:
- Als siebte Stadt ist Osnabrück Mitveranstalter der LiteraTour Nord.
Wer (online!) alle Lesungen besucht, darf am Ende mit abstimmen über die oder den Gewinner/in!
+++ In jeder Lesung wird ein Code eingeblendet, den Sie jeweils notieren müssen, um an der Abstimmung teilnehmen zu können. Bis Sonntag, 20. Februar 2021, 24:00 Uhr können Sie Ihre Stimme an die Andere Buchhandlung (mail (at) anderebuchhandlung(dot)de, Betreff: LiteraTour Nord) schicken. +++
Hier stellen wir die Autor:innen der LiteraTour Nord und ihre Bücher in der Reihenfolge ihrer Lesungen kurz vor:
Roman Ehrlich
Lesung in Rostock: Dienstag, 27. Oktober, 20:00 Uhr
Literaturhaus Rostock (im Peter-Weiss-Haus, Doberaner Str. 21, 18057 Rostock)
Roman Ehrlich, geboren 1983 in Aichach, studierte am Deutschen Literaturinstitut Leipzig und an der Freien Universität Berlin. Er wurde u.a. mit dem Robert-Walser-Preis 2014, dem Ernst-Toller-Preis 2016 und der Alfred-Döblin-Medaille 2017 ausgezeichnet.
»Malé«
Alle Versuche, die Malediven vor dem steigenden Meeresspiegel zu retten, sind gescheitert, Pauschaltouristen haben sich neue Ziele gesucht, und der Großteil der Bevölkerung musste die Inseln verlassen. Gleichzeitig werden sie für die kurze Zeit bis zu ihrem Untergang zur Projektionsfläche für Aussteigerinnen, Abenteurer und Utopistinnen, zu einem Ort zwischen Euphorie und Albtraum, in dem neue Formen der Solidarität erprobt werden und Menschen unauffindbar verschwinden. Mit »Malé« fängt Roman Ehrlich die komplexe Stimmungslage unserer Zeit ein.
Anne Weber
Die Lesereise von Anne Weber im Rahmen der LiteraTour Nord musste aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt werden. Das Gespräch und die Lesung fand per Videoschaltung (Paris/Lüneburg) statt.
(Nachholtermin in Rostock: 27.04.2021)
Anne Weber, geboren 1964 in Offenbach, lebt seit 1983 in Paris. Sie übersetzt aus dem
Deutschen ins Französische und vice versa und schreibt ihre Bücher in beiden Sprachen.
Für ihre Texte erhielt sie u.a. den Heimito von Doderer-Literaturpreis, den 3sat-Preis, den
Kranichsteiner Literaturpreis und den Johann-Heinrich-Voß-Preis.
»Annette, ein Heldinnenepos«
Geboren 1923 in der Bretagne, schon als Jugendliche Mitglied der kommunistischen
Résistance, Retterin zweier jüdischer Jugendlicher, 1959 zu zehn Jahren Gefängnis
verurteilt wegen ihres Engagements auf Seiten der algerischen Unabhängigkeitsbewegung
– noch heute ist Anne Beaumanoir ein lebendiges Beispiel für die Wichtigkeit des
Ungehorsams. Anne Weber wagt ein literarisches Experiment und erzählt dieses
unwahrscheinliche Leben in einem brillanten Heldinnenepos.
Iris Wolff
Lesung ONLINE (Aufzeichnung in Hannover)
(Nacholtermin Rostock: 16.03.2021)
Iris Wolff, geboren 1977 in Sibiu (Hermannstadt)/Siebenbürgen, wurde für ihre Romane vielfach ausgezeichnet. Zuletzt erhielt sie 2019 den Thaddäus-Troll-Preis, war für den Alfred-Döblin-Preis nominiert und wurde mit dem Marieluise-Fleißer-Preis für ihr Gesamtwerk geehrt. Iris Wolff lebt in Freiburg im Breisgau.
»Die Unschärfe der Welt«
Die Geschichte einer Familie aus dem Banat, über Menschen aus vier Generationen, Verlust und Neuanfang. Vor dem Hintergrund des zusammenbrechenden Ostblocks und der wechselvollen Geschichte des 20. Jahrhunderts entsteht ein Roman über Freundschaft unddas, was wir bereit sind, für das Glück eines anderen aufzugeben. Kunstvoll und präzise lotet Iris Wolff die Möglichkeiten und Grenzen von Sprache und Erinnerung aus.
Leif Randt
Lesung ONLINE (Aufzeichnung in Hannover)
Leif Randt, geboren 1983 in Frankfurt a.M., wurde für seine Utopie-Romane zuletzt mit dem Erich-Fried-Preis (2016) sowie mit Aufenthaltsstipendien in Japan (2016) und Irland (2019) ausgezeichnet. Seit 2017 co-kuratiert er das PDF- und Video-Label tegelmedia.net.
»Allegro Pastell«
In »Allegro Pastell« erzählt Leif Randt vom Glück. Von Wirklichkeit und Badminton, von
idealen Zuständen und den Hochzeiten der anderen. Eine Lovestory aus den späten
Zehnerjahren: Die Fernbeziehung von Tanja und Jerome wirkt makellos. Eltern,
Freund*innen und depressive Geschwister spiegeln ihnen ein Leid, gegen das beide
weitgehend immun bleiben. Doch der Wunsch, ihre Zuneigung zu konservieren, ohne dass
diese bieder oder schmerzhaft existenziell wird, stellt das Paar vor eine große
Herausforderung.
Anna Katharina Hahn
Die Lesereise musste aufgrund des aktuellen Veranstaltungsverbots entfallen. Die Lesung wurde stattdessen in Hannover aufgezeichnet. Über einen eventuellen Nachholtermin informieren wir Sie hier.
Anna Katharina Hahn, geboren 1970, stand mit ihrem Roman »Am Schwarzen Berg« 2012
auf der Shortlist für den Preis der Leipziger Buchmesse und auf Platz eins der SWRBestenliste. Die Recherchen für »Aus und davon« führten sie in die USA und nach Mainz, wo sie 2018 Stadtschreiberin war.
»Aus und davon«
»Aus und davon« entfaltet ein Panorama zwischen Generationen, die einander immer
weniger zu sagen haben. Elisabeth sitzt mit ihren Enkeln in Stuttgart, während sich ihre
Tochter aus dem flirrenden Manhattan oder den Weiten eines provinziellen Hinterlands
meldet. Durch Bilder und Textnachrichten, die um die halbe Welt geschickt werden, scheint das alles irgendwie zusammenzuhängen. Doch was nützt das, wenn ein Kind nicht nach Hause kommt? Ein Familienroman des 21. Jahrhunderts!
Olga Grjasnowa
Die Lesereise musste aufgrund des aktuellen Veranstaltungsverbots entfallen. Die Lesung wurde stattdessen in Hannover aufgezeichnet. Über einen eventuellen Nachholtermin informieren wir hier.
Olga Grjasnowa, geboren 1984 in Baku, Aserbaidschan, lebt in Berlin. Auslandsaufenthalte in Polen, Russland, Israel und der Türkei. Ihr Debütroman »Der Russe ist einer, der Birken liebt« wurde mit dem Klaus-Michael Kühne-Preis und dem Anna Seghers-Preis ausgezeichnet. 2017 erschien ihr vielbeachteter Roman »Gott ist nicht schüchtern«.
»Der verlorene Sohn«
Nordkaukasus, 1838: Jamalludin wächst als Sohn eines mächtigen Imams auf. Seit
Jahrzehnten tobt der Kaukasische Krieg, und sein Vater wird von der russischen Armee
immer mehr bedrängt. Schließlich muss er seinen Sohn als Geisel an den Hof des Zaren
nach St. Petersburg geben, um die Verhandlungen mit dem Feind aufzunehmen. Olga
Grjasnowa erzählt sprachmächtig von einem Kind, das zwischen zwei Kulturen und zwei
Religionen steht und seine Identität finden muss.