Programmarchiv Literaturhaus Rostock
23. Januar 2018 | 20:00 Lukas Bärfuss: »Hagard«
Lesung & Gespräch im Rahmen der LiteraTour Nord // Moderation: Prof. Lutz Hagestedt[mehr]
Eher der Vogel, eher eine Frau „Am Anfang dieser Geschichte steht ein Paar Damenschuhe.“ Es handelt sich um pflaumenblaume Ballerinas, wie der Autor später präzisiert. Die „andere Buchhandlung“ ist gut gefüllt und Lukas Bärfuss beginnt mit der Lesung seines 2017 erschienenen Romans »Hagard«. Gespannt lauschen alle Anwesenden dem charmanten Schweizer Dialekt, mit welchem Lukas Bärfuss voller Spannung und Emotion vorliest. Man mag kaum glauben, dass er seit März 2017 schon um die 100 Lesungen mit »Hagard« veranstaltet hat. Mit Humor, Charisma und Feingefühl für sein Publikum erzählt der Autor und Dramaturg von der Liebe und natürlich von Philipp – der Hauptfigur im Roman »Hagard«. Philipp tritt als erfolgreicher Immobilienhändler auf, der zu Beginn jedoch von einem Kunden versetzt wird. Daraufhin schlendert er durch ein Kaufhaus, ohne Ziel, ohne Plan. Bis er die pflaumenblauen Ballerinas entdeckt. Die Verfolgungsjagd beginnt. In großen, eindrücklichen Bildern beschreibt Lukas Bärfuss, was nun in Philipp vorgeht, wohin seine Gedanken schweifen. Trotz dieser Nähe des Erzählers erfahren wir den eigentlichen Grund für Philipps Verfolgungsmission nicht; vermutlich, weil nicht einmal der Verfolger selbst ihn kennt. Ebenso bleibt die verfolgte Frau ein Rätsel. Weder ihr Name noch ihr Gesicht werden verraten; sie bleibt gänzlich anonym. Und dennoch können sich die Lesenden ein eindrucksvolles Bild machen: Der Erzähler beschreibt sie als Königin, als Göttin, die im Schein eines Diamantblitzes ebenso schnell verschwindet, wie sie auftritt. Getrieben vom Zwang der Verfolgung, gibt Philipp bald alles auf, was ihn bisher ausmachte – Prinzipien, Äußerlichkeiten und Pflichten. Einzig die Verfolgung jener mysteriösen Frau bestimmt ihn und sein Leben.Auf die Frage, warum der Protagonist sich so verhalte, erwidert Lukas Bärfuss, dass er es auch nicht wisse. Er selbst kenne manchmal auch nicht alle Einzelheiten über seine Bücher, so der Autor. Nicht nur in »Hagard« verdeutlicht Lukas Bärfuss das Gemeinte mit beeindruckenden Metaphern, auch im Dialog mit dem Publikum greift er zu sprachlichen Bildern. So lautet seine Erklärung für sein Unwissen: „Ich wäre vermutlich auch kein Ornithologe, ich wäre viel eher der Vogel.“ Wie eine Schar Vögel fliegen Prof. Lutz Hagestedt und Lukas Bärfuss auch durch die Vielfalt an Gesprächsthemen in ihrem Dialog. Neben der bereits erwähnten Liebe besprechen sie auch die Philosophie. Lukas Bärfuss hat eine Schwäche für die vorsokratischen Philosophen, insbesondere für Parmenides. Auf Prof. Lutz Hagestedts Frage, warum ihn denn die Vorsokratiker interessierten, erwidert der Autor: „Damals gab es noch keine Trennung zwischen Schriftsteller und Philosoph.“ Auch über den deutschen Soziologen Niklas Luhmann unterhalten sie sich und beenden das Gespräch wieder mit der Liebe. Prof. Lutz Hagestedt zitiert Niklas Luhmann mit den Worten: „Wenn Frauen lieben, dann tun sie dies absolut. Wenn Männer lieben, dann haben sie immer noch etwas nebenbei zu tun“ und fragt Lukas Bärfuss, wie er das sehe. Der Autor antwortet, dass er Niklas Luhmann zwar sehr schätze, diese Aussage jedoch nicht satisfaktionsfähig sei. Demnach wäre er selbst, Lukas Bärfuss, eher eine Frau. Denn gerade in menschlichen Beziehungen müsse man absolut sein und sich ganz hineingeben; Pragmatismus sei schlussendlich nicht lebbar, so der Autor. Lukas Bärfuss und Prof. Lutz Hagestedt gestalteten eine rundum gelungene Lesung und nahmen das Publikum dank viel Charme und Witz mit auf eine Verfolgungsjagd, die im Gedächtnis bleibt. Lukas Bärfuss wurde 1971 in Thun geboren. Nach der Matura absolvierte er eine Ausbildung zum Buchhändler. Seit 1997 lebt und arbeitet er als freier Schriftsteller in Zürich. Neben zahlreichen Theaterstücken schreibt er auch Prosatexte und Hörspiele. Für sein Stück »Der Bus (Das Zeug einer Heiligen)« wurde er 2005 zum Nachwuchsdramatiker des Jahres gewählt. Das Stück erhielt im selben Jahr den Mülheimer Dramatikerpreis. 2008 erhielt er für seinen ersten Roman »Hundert Tage« den Anna-Seghers-Preis. Für seinen zweiten Roman »Koala« wird er 2014 mit dem Schweizer Buchpreis ausgezeichnet. Seit 2015 ist Lukas Bärfuss Mitglied der Akademie für deutsche Sprache und Dichtung.
Ein Portrait über Lukas Bärfuss finden Sie hier: https://youtu.be/1UWo4K2hD7o Ein Rückblick von Lara Spät (Praktikantin)
22. Januar 2018 | 19:30 Tipp: Autorenstammtisch Rostock (AStRo)
Ort: Colosseo // Anmeldung bis zum 17.01.2018[mehr]
AutorInnen sind Solitäre – beim Schreiben. Doch abseits des eigenen Schreibtischs gibt es viel miteinander zu bereden, und auch im literarischen Arbeitsfeld sind Vernetzung und Austausch wichtig. Wie und wo veröffentlichen die anderen, wer sind ihre ersten LeserInnen, wie lässt sich eine gemeinsame Lesung organisieren? Welche Hilfestellung kann man sich gegenseitig geben, wovon kann man aus eigener Erfahrung abraten?Fragen und Themen wie diese können beim Autorenstammtisch Rostock debattiert werden, wo seit einiger Zeit regelmäßig AutorInnen aus der Stadt und dem Umland zusammenkommen. Die Veranstaltung ist öffentlich, jeder ist sein eigener Gast.
Um rechtzeitig über die nächsten Termine informiert zu sein und den Veranstaltern eine bessere Planung zu ermöglichen, empfiehlt sich bei Facebook ein Beitritt zur Gruppe SchreiberMV, wo regelmäßig die nächsten Veranstaltungen eingestellt werden, und eine rechtzeitige Zusage, damit gegebenenfalls ein größerer Tisch reserviert werden kann.
Für Facebook-freie Anmeldung: E-Mail bis zum 17.01.2018 an volontaer@literaturhaus-rostock.de Ort: Colosseo, Loggerweg 8 (Holzhalbinsel), 18055 Rostock
17. Januar 2018 | 20:00 3. Prosawettbewerb der Germanistik
Lesung & Prämierung der Preisträger*innen // Eintritt frei[mehr]
Was machen Geisteswissenschaftler*innen, wenn sie nicht gerade Kafka oder Hannah Arendt lesen? Sie schreiben natürlich selbst, und zwar nicht nur Hausarbeiten!Alle Studierenden der Philosophischen Fakultät konnten im vergangenen Jahr ihre selbstgeschriebenen Prosa-Texte einsenden. Eine fachkundige Jury hat die anonymisierten Beiträge gesichtet und die Texte ausgewählt, die an diesem Abend vorgetragen und prämiert werden.
In der Jury zum 3. Prosawettbewerb der Germanistik, organisiert vom Fachschaftsrat GeFaR:
Herr Brandl, Herr Dr. Cölln, Herr Lesker und die Redakteur*innen des Studierendenmagazins heuler.
Die Vortragenden erwarten Lob und tolle Preise, das Publikum kann neue Talente und Texte zu aktuellen Themen entdecken!
Eine Veranstaltung des Fachschaftsrats der Germanistik »GeFaR« mit Unterstützung des Literaturhauses Rostock.
Ort: Literaturhaus Rostock (im Peter-Weiss-Haus), Doberaner Str. 21, 18057 Rostock
Eintritt frei
09. Januar 2018 | 20:00 Mariana Leky: »Was man von hier aus sehen kann«
Lesung und Gespräch im Rahmen der LiteraTour Nord // Moderation: Prof. Lutz Hagestedt[mehr]
Die andere buchhandlung war bis auf den letzten Platz besetzt, am Ende wurden selbst Sitzsäcke, Hocker und Schreibtischstühle aus dem Büro dazu geholt, sodass an diesem Abend jeder einen Platz finden konnte, an dem Mariana Leky, vierte von sechs Autoren und Autorinnen der LiteraTour Nord, aus ihrem Buch »Was man von hier aus sehen kann« las. Die Geschichte handelt im Wesentlichen von Selma, der Großmutter der zehnjährigen Erzählerin Luise, und beginnt mit einem schicksalhaften Moment: Denn jedes Mal, wenn Selma von einem Okapi träumt, stirbt am darauffolgenden Tag jemand aus dem Dorf – und zu Beginn des Buches ist es wieder so weit. So müssen die Dorfbewohner angesichts des vielleicht nahen Todes noch schnell einige Dinge in Ordnung bringen – was durchaus für einige Unordnung sorgen kann … Nicht nur dadurch entwickelt sich die Geschichte weiter, von einem Hund, der das Leben der Familie bereichert, über den tatsächlich eintretenden Todesfall bis zum Schluss, als Luise zwölf Jahre später den inzwischen alt gewordenen Hund sucht, stattdessen aber ihre große Liebe findet. Leky wollte ein Buch über die uferlosen und schwer greifbaren Themen wie Tod und Liebe schreiben. Sie verankerte die Geschichte in einem Dorf im Westerwald, da sie diesen Ort von in der Kindheit dort verbrachten Ferien sehr gut kannte – und um ein solches Buch zu schreiben, muss man der Autorin zufolge so einen Ort auch wie seine Westentasche kennen. Die Figuren sind liebevoll gestaltet und bekommen dadurch eine Echtheit, die das Buch so lesenswert macht. Da gibt es Luises besten Freund Martin, der Gewichtheber werden will und deshalb alles hochhebt, Luises Vater, dessen Lieblingsthema seine eigene Psychoanalyse ist, oder schließlich Selma selbst, deren Ähnlichkeit mit Rudi Carrell fast schon erschreckend ist. Die Dialoge erinnern durch ihren Sprachwitz leicht an Loriot – zB. wenn der Vater von Luise auf die Frage einer Freundin von Selma, ob er in ihren Augen denn die Verzweiflung sehen könne, antwortet, dass dort nur eine beginnende Lidrandentzündung zu erkennen sei. Das Gespräch zwischen Mariana Leky und dem Moderator Lutz Hagestedt schweifte dabei von Rudi Carrell über benötigte Rituale in einer kleinen Dorfgemeinschaft bis hin zu dem Geruch von Hundepfoten, welche anscheinend bei jedem dieser Vierbeiner unterschiedlich riechen. So musste man durchweg schmunzeln, und sicher ist, dass an diesem Abend jeder der über hundert Besucher sich von seinem Stuhl, Hocker oder Sitzsack lächelnd erhob und mit einer neuen Vorstellung von Rudi Carrell als Frau nach Hause ging. Mariana Leky studierte nach einer Buchhandelslehre Kulturjournalismus an der Universität in Hildesheim. Mit ihren ersten Erzählungen gewann sie den Allegra Preis 2000. Für den 2001 bei DuMont erschienenen Erzählband »Liebesperlen« wurde sie mit dem Niedersächsischen Literaturförderpreis und dem Stipendium des Landes Bayern ausgezeichnet. 2005 wurde sie für ihren Roman »Erste Hilfe« mit dem Förderpreis für junge Künstler in der Sparte Dichtung/Schriftstellerei des Landes NRW ausgezeichnet. Nach »Die Herrenausstatterin« (2010) ist »Was man von hier aus sehen kann« (2017) Mariana Lekys dritter Roman. Ein Portrait über Mariana Leky finden Sie hier: https://youtu.be/XA9O3Z1EqwU Ein Rückblick von Marie Pruter (Praktikantin).15. Dezember 2017 | 20:00 WeihnachtsHausLese
Die meiste Lesebühne Rostocks glüht weihnachtlich vor [mehr]
Alles hat ein Ende, auch dieses Jahr, aber uns ist das wurst. Jedenfalls so lange, bis die WeihnachtsHausLese mit ihren literarischen und musikalischen Beiträgen Friede, Freude und Lebkuchen über die Welt gebracht hat! Danach kann das Jahr Schluss machen.Man muss damit rechnen, dass HausLeserInnen ihre Heldentaten und Sünden in fadenscheiniger Fiktion zum Besten geben, um dann unschuldig am Gabentisch sitzen zu können. Womöglich werden HausLese-Besucher in weihnachtlicher Ekstase aufspringen, um lauthals den Schlussverkauf zu preisen! Sollte uns das zu denken geben? Vermutlich nicht.
Wie immer: freier Eintritt, Überlänge, aber dafür auch Pause in der Mitte. Übrigens: Wer Eigenes oder auch Fremdes vortragen möchte, wendet sich an dschenzone@gmx.de. Ort: Literaturhaus Rostock (im Peter-Weiss-Haus), Doberaner Straße 21, 18057 Rostock Eintritt frei
12. Dezember 2017 | 19:30 Flurin Jecker: »Lanz«
Lesung und Werkstattgespräch // Moderation: Svenja Ober und Laura Zech (Universität Rostock)[mehr]
In einer Projektwoche soll der 14-jährige Lanz einen Blog schreiben. Erst sträubt er sich, dann breitet er rückhaltlos sein Leben aus, seine Leere, seine Ängste, seine Wünsche. Eigentlich hat Lanz den Kurs nur gewählt, weil Lynn angeblich auch hingeht. Doch am ersten Kurstag ist von Lynn nichts zu sehen, außerdem wird das Projekt von seinem verhassten Klassenlehrer geleitet. Lanz beginnt widerwillig mit seinem Blog, doch dann beschreibt er mit zunehmender Verve sein Leben: von den geschiedenen Eltern, der Kompliziertheit zweier Zuhause, von der Ödnis, von den misslungenen Annäherungsversuchen an Lynn und wie er auf alles nur noch mit Lähmung reagiert.Das Erzählen ist keine Befreiung; es scheint erst recht alles zu viel, um es zu bewältigen. Als der Lehrer nach der Hälfte der Projektwoche das Vorlesen des Blogs erzwingen will (»Ihr seid ja so aufgewachsen, dass ihr immer alles postet!«), kann Lanz das auf keinen Fall zulassen.
Mit unwiderstehlichem Sog und unerhört frisch erzählt Flurin Jecker von einem Jungen, der vieles hat und dem doch das Wichtigste fehlt.
Flurin Jecker, 1990 in Bern geboren, studierte Biologie, arbeitet als selbständiger Journalist für die Zeitung Der Bund und schloss im Frühjahr 2016 den Studiengang Literarisches Schreiben am Schweizerischen Literaturinstitut mit dem Debütroman »Lanz« ab. Der Roman erschien im Frühjahr 2017 bei Nagel & Kimche. Mehr über den Autor unter https://flurinjecker.com/
Eine gemeinsame Veranstaltung mit dem Fachschaftsrat der Germanistik »GeFaR« mit Unterstützung des Instituts für Germanistik der Universität Rostock. Ort: Literaturhaus Rostock (im Peter-Weiss-Haus), Doberaner Straße 21, 18057 Rostock Eintritt: 5,- € bzw. frei für Studierende und Schüler*innen
09. Dezember 2017 | 11:00 Tipp: Workshop für AutorInnen (Ort: Greifswald)
Schritte in die literarische Öffentlichkeit[mehr]
Erste Texte sind geschrieben, ein Manuskript liegt vor? Der Workshop für AutorInnen setzt hier an und erläutert:- wie man sich und seine Texte präsentiert, um Verlage, Agenturen oder Veranstalter zu interessieren
- welche Marketingkanäle zu empfehlen sind, um seine Leser zu erreichen. Der Workshop besteht aus
1. Referat mit Fragerunde
2. persönlicher Beratung (bitte bei der Anmeldung angeben, ob und was genau gewünscht wird) für vertiefende Fragen, z.B. zu einem vorliegenden Vertrag, geplanten Einsendungen, Bewerbungen um einen Preis.
Der Workshop kann aus zeitlichen Gründen weder Feedback zu Manuskripten noch Lektoratshinweise beinhalten – es kann und soll ausschließlich um Strategisches gehen. Referent: Erik Münnich, Verleger des freiraum-verlag (gegr. 2012 in Greifswald; Fokus: deutschsprachige und polnische Gegenwartsliteratur) Anmeldung bis Donnerstag, 7.12.2017, unter info@koeppenhaus.de oder Tel. 03834-773510 Sa, 09.12.2017, 11-13 Uhr anschließend individuelle Beratung
Ort: Literaturzentrum Vorpommern im Koeppenhaus, Bahnhofstr. 4-5, 17489 Greifswald
Keine Teilnahmegebühr. Eine Veranstaltung des LiteraturRat M-V e.V., gefördert vom Ministerium
für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Mecklenburg-Vorpommern.