Programmarchiv Literaturhaus Rostock
06. März 2019 | 20:00 Rückblick zu Juan S. Guse »Miami Punk«
Moderation: Emily Grunert[mehr]
Am 06.März konnten wir Juan S. Guse im Literaturhaus begrüßen. Dieser las in kleiner Runde aus seinem im Februar 2019 erschienenen Roman »Miami Punk«. Zunächst stellte die Moderatorin Emily Grunert (Programmleitung im Literaturhaus Rostock) den Autor und sein Buch kurz vor, bevor es in eine erste Gesprächsrunde ging. Auf die Frage, wie der Autor „Miami Punk“ beschreiben würde, merkte dieser zunächst an, dass der Roman im starken Kontrast zu seinem Debütroman „Lärm und Wälder“ steht. Es gibt 12 Hauptprotagonisten und 50-60 Nebenfiguren. Juan S. Guse empfindet es als schwierig, die Geschichte „in eine Schublade zu stecken“. Bei der Herangehensweise für die Rahmenhandlung hatte er sich sehr an der Erzähltechnik des Buches „Stadt der Blinden“ von José Saramago orientiert. In dieser wird eine Grundvariable verändert, bevor die Handlung erzählt wird. In „Miami Punk“ geht es darum, dass sich der Atlantik aus Miami zurückzieht. Juan S. Guse hatte sich demnach zuerst auf das erzählerische Setting konzentriert, bevor er sich um die Handlung und Charaktere kümmerte. Ihm war es wichtig, dass die Charaktere eine bestimmte Sinnstruktur verlieren. Von diesem Punkt an baute er die Geschichte auf.Auf die Frage, ob es sich bei „Miami Punk“ wirklich um eine Dystopie handele, antwortete er, dass er es durchaus verstehen kann, wenn man sein Buch in dieses Genre einordnet. Allerdings sollte man auch bedenken, dass es in „Miami Punk“ auch ein Großteil an Normalität bewahrt wird und immer wieder Aspekte der Utopie durchscheinen. Eine Einordnung fällt ihm selbst schwer. „Ich bin mein eigenes Lektorat“, fügte er an, als es gerade um das Kürzen des Romans und die Entwicklung der Charaktere ging. Da es sich um an eine ungewöhnliche große Anzahl an Figuren handelt, konnte er diese viel nuancierter gestalten und hatte mehr Freiheiten, was das Beantworten ökonomischer Fragen anging. Dennoch empfand er es als schwierig, so viele unterschiedliche Sprachstile zu entwickeln.
Die Figuren und daraus folgenden Handlungssträngen schrieb er parallel zueinander, wobei er anmerkte, dass die ersten Handlungsstränge auch andere Nebenstränge angestoßen hätten. Im ersten Textauszug, den Juan S. Guse an diesem Abend las, ging es um die Protagonistin Daria, die bei der Behörde „55“ arbeitet. In dieser Behörde versucht man, die offenen Fragen zu klären, die durch den Rückzug des Atlantiks entstanden sind. Des Weiteren erfuhr das Publikum einiges über Darias Leben, z.B. dass sie eine Katze namens Stefan besitzt, die sich Beine und andere Körperteile im Kühlhaus des gleichnamigen Schlachthauses abgefroren hat. Mit dem Charakter Daria versuchte der Autor die Dystopie mithilfe von Humor zu entschärfen. Inspiration fand er dabei gerade in dem Buch „Unendlicher Spaß“ von David Foster Wallace, aber auch aus anderen Büchern und Ressourcen, wie z.B. Mangas und Anime entnahm er Ideen. Die Frage, warum der Roman ausgerechnet in Miami und nicht an einem fiktiven Ort spielt, beantwortete er so, dass er die richtige Balance von Nähe und Distanz finden wollte. Miami sei ein Ort, zu dem die wenigsten Leser einen persönlichen Bezug hätten, was eine gewisse Künstlichkeit schafft. Juan S. Guse gab außerdem zu, selbst noch nie dort gewesen zu sein. Als es um die Frage ging, warum der Titel „Miami Punk“ wäre, erwiderte Juan S. Guse, dass dies der Name einer Subgruppe im Kongress, dem Gegenpol zur Behörde, wäre und er auch mal das Licht auf die Nebenfiguren werfen wollte, die normalerweise eher als Requisite dienten. Im zweiten Text ging es um die Situation am Hafen, der durch die aktuelle Situation rote Zahlen schreibt und immer mehr Mitarbeiter kündigen muss. Die Arbeitslosen gehen trotzdem jeden Tag zur Arbeit und tun so, als würden sie noch immer einer sinnstiftenden Tätigkeit nachgehen. Juan S. Guse ging abschließend auf die Frage ein, wie er damit umgehe, dass sein Roman eine eher kleine Zielgruppe erreicht. Neben dem Schreiben arbeitet er, um finanziellen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen, und freue sich des Weiteren über jeden Leser, der an seinem Buch Gefallen hat. Wir bedanken uns für diesen unterhaltsamen und interessanten Abend. Eine gemeinsame Veranstaltung des Literaturhauses Rostock und des Kempowski Archivs Rostock. Anika Strehlow (Praktikantin im Literaturhaus Rostock)
06. März 2019 | 20:00 Juan S. Guse: »Miami Punk«
Moderation: Emily Grunert (Literaturhaus)[mehr]
Der Atlantik hat sich über Nacht von der Küste Floridas zurückgezogen und eine Wüste hinterlassen. Kreuzfahrtschiffe rosten im Sand vor Miami, die Hotels bleiben leer, der Hafenbetrieb ist eingestellt und selbst die Dauerwerbesendungsindustrie liegt am Boden. Mittendrin eine überambitionierte Indie-Game-Programmiererin, eine strauchelnde Arbeiterfamilie, eine junge Soziologin und ein E-Sport-Team aus Wuppertal. Witzig und traurig, düster und labyrinthisch: »Miami Punk« ist ein Roman über die Bedeutung von Arbeit, über Herrschaft und Macht und über einsame Nächte vor dem Computer. Juan S. Guse, geboren 1989, studierte Literaturwissenschaften und Soziologie. Sein Debütroman »Lärm und Wälder« erschien 2015 bei S. Fischer. Für seine Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem Stipendium der Villa Aurora und dem Literaturpreis der Landeshauptstadt Hannover. Derzeit promoviert er im Bereich der Arbeits- und Organisationssoziologie. Ort: Literaturhaus Rostock (im Peter-Weiss-Haus), Doberaner Straße 21, 18057 RostockEintritt: 7,- € / 5,- € erm.
Vvk.: in der anderen buchhandlung; im Pressezentrum und unter diesem Link Eine gemeinsame Veranstaltung des Literaturhauses Rostock und des Kempowski Archivs Rostock.
26. Februar 2019 | 20:00 Rückblick zur Lesung mit Fatma Aydemir und Hengameh Yaghoobifarah
Fatma Aydemir und Hengameh Yaghoobifarah »Eure Heimat ist unser Albtraum« | Moderation: Emily Grunert[mehr]
Am 26. Februar 2019 um 20 Uhr besuchten zahlreiche Zuschauer die Lesung von Fatma Aydemir und Hengameh Yaghoobifarah, die ihren Essayband »Eure Heimat ist unser Albtraum« im Literaturhaus Rostock vorstellten, in dem verschiedene Autor*innen Beiträge u.a. zu den Themen „Rassismus“ und „Antisemitismus“, aber auch „Sexualität“ verfassten. „Eigentlich ist der Integrationsprozess komplett stehengeblieben“, sagte Fatma Aydemir, als sie auf den Heimatbegriff und die Fernsehsendung „Hart aber fair“ zu sprechen kamen, die am Tag zuvor dieses Thema behandelt hatte und dafür sehr in der Kritik stand. Als die Frage nach der Definition von Heimat aufkam, meinte Hengameh Yaghoobifarah nur: „Es ist eigentlich egal, was Heimat für mich ist.“. Fatma Aydemir ergänzte mit den Worten: „Es ist ein provokantes Spiel mit einem Graben, der sowieso schon existiert.“ Die beiden Herausgeber*innen antworteten ehrlich und ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen auf die Fragen der Moderatorin Emily Grunert, Programmleiterin des Literaturhauses Rostock. Nach der kurzen Gesprächsrunde wurde der erste von insgesamt drei Textauszügen gelesen. In diesem ging es vor allem um das Thema „Vertrauen“. Es wird vom strukturellen Rassismus berichtet und das fehlende Misstrauen in Staat und Regierung beklagt. Im Anschluss kamen sie auf die Entstehung des Buches zu sprechen. Hier erzählten die beiden Herausgeber*innen, dass sie sich in einem Café zusammengesetzt und überlegt hätten, welche Autor*innen für einen Essayband geeignet wären. Bei der Themenwahl waren ihnen Stichworte wie „Vertrauen“, „Sicherheitsbehörden“, „Rassismus“, aber auch „Sexualität“ wichtig, an denen sie sich orientierten, um passende Autor*innen zu finden. Allerdings gab es auch Fälle, in denen sich die Autor*innen selbst Themen auswählten, mit denen sie sich besonders gut auskennen. Neben bestimmten Sachverhalten lag es den beiden Mitautor*innen sehr am Herzen, dass die Texte eine persönliche Ebene zu den Verfasser*innen vorweisen sowie einfach und gut verständlich für jedermann zu lesen seien. Ziel des Buches ist es, dass zum einen die Leser*innen über bestimmte Themen aufgeklärt werden, aber auch Menschen mit den gleichen Erfahrungen die Essays gerne lesen. Im zweiten Textauszug ging es um das Thema „Anders sein“ in Bezug auf die Herkunft, äußerliche Erscheinung und Sexualität sowie auf die soziale Einordnung in der Gesellschaft und „den weißen Blick als Fernglas auf die Welt“, den es aufzudecken gilt. Des Weiteren wurde darauf eingegangen, ob die Frage nach den Wurzeln von rassistischer Natur ist oder nicht. Zwischen dem zweiten und dritten Textauszug erzählten Fatma Aydemir und Hengameh Yaghoobifarah von der Recherche für das Buch und davon, dass vor allem „Deutschland Schwarz Weiß“ von Noah Sow eine bedeutende Rolle für sie spielte. Der dritte Textauszug drehte sich um das Thema „Arbeit“ und den sogenannten „Migrantenbonus“. Insbesondere die geringe Wertschätzung der Migrant*innen und die Ausbeutung der damaligen Gastarbeiter*innen wurden angesprochen und analysiert. Nachdem ein kurzes Gespräch über den Austausch der Autor*innen untereinander und dem unterschiedlichen Feedback zu dem Buch erfolgte, wurde die Diskussion eingeleitet, bei der vom Publikum gelobt, aber auch kritisch hinterfragt wurde. Wir bedanken uns bei Fatma Aydemir und Hengameh Yaghoobifarah für diesen interessanten und aufschlussreichen Abend. Eine Kooperationsveranstaltung mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung MV e.V. Anika Strehlow (Praktikantin im Literaturhaus Rostock)26. Februar 2019 | 20:00 Fatma Aydemir und Hengameh Yaghoobifarah: »Eure Heimat ist unser Albtraum«
Moderation: Emily Grunert (Literaturhaus)[mehr]
Das sogenannte „Heimatministerium“ feiert 2019 sein einjähriges Bestehen in Deutschland. Zu diesem Anlass haben mehrere deutschsprachige Autor*innen ihre Erfahrungen von dieser Heimat zusammengetragen – und halten Deutschland damit schonungslos den Spiegel vor: Alltäglicher Rassismus und Antisemitismus, fehlendes Vertrauen in die Sicherheitsbehörden nach dem NSU-Skandal und auch die Frage nach der Sexualität in Verbindung mit Rassismus gehören zu unserer Demokratie, die sich eigentlich als „vorbildlich“ begreift. In persönlichen Essays berichten u.a. Margarete Stokowski, Sasha Marianna Salzmann, Olga Grjasnowa, Sharon Dodua Otoo oder auch Max Czollek von für sie Alltäglichem, und kritisieren dabei scharf den Umgang Deutschlands mit Menschen, die als „anders“ markiert werden. Fatma Aydemir und Hengameh Yaghoobifarah, die Herausgeber*innen der Anthologie, erzählen im Gespräch über den Entstehungsprozess des Buches und berichten über ihre eigenen Erfahrungen. Moderiert wird der Abend von Emily Grunert. Fatma Aydemir, 1986 in Karlsruhe geboren, ist Kolumnistin und Redakteurin bei der taz. 2017 erschien ihr Debütroman Ellbogen, für den sie mit dem Franz-Hessel-Preis ausgezeichnet wurde. Als freie Autorin schreibt sie daneben u. a. für das Missy Magazine. 2019 ist sie Stipendiatin der Villa Aurora in Los Angeles. Hengameh Yaghoobifarah, geboren 1991 in Kiel, ist freie*r Redakteur*in beim Missy Magazine und bei der taz, schreibt für deutsch-sprachige Medien, u.a. die Kolumne „Habibitus“ für die taz sowie für Spex, an.schläge und für das Literaturjournal politisch schreiben. Yaghoobifarahs Essay Ich war auf der Fusion, und alles, was ich bekam, war ein blutiges Herz erschien 2018.Vvk. im Pressezentrum und unter diesem Link.
5,- € zzgl. Gebühr/ erm. 3 € zzgl. Gebühr Eine Kooperationsveranstaltung mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung MV e.V.
26. Februar 2019 | 20:00 Fatma Aydemir, Hengameh Yaghoobifarah: »Eure Heimat ist unser Albtraum«
Moderation: Emily Grunert (Literaturhaus Rostock)[mehr]
Das sogenannte „Heimatministerium“ feiert 2019 sein einjähriges Bestehen in Deutschland. Zu diesem Anlass haben mehrere deutschsprachige Autor*innen ihre Erfahrungen mit dieser Heimat zusammengetragen – und halten Deutschland damit schonungslos den Spiegel vor: Alltäglicher Rassismus und Antisemitismus, fehlendes Vertrauen in die Sicherheitsbehörden nach dem NSU-Skandal und auch die Frage nach der Sexualität in Verbindung mit Rassismus gehören zu unserer Demokratie, die sich eigentlich als „vorbildlich“ begreift. In persönlichen Essays berichten u.a. Margarete Stokowski, Sasha Marianna Salzmann, Olga Grjasnowa, Sharon Dodua Otoo & Max Czollek von für sie Alltäglichem, und kritisieren dabei scharf den Umgang Deutschlands mit Menschen, die als „anders“ klassifiziert werden. Fatma Aydemir und Hengameh Yaghoobifarah, die Herausgeberinnen des Werkes, lesen ihre eigenen Anthologiebeiträge, erzählen im Gespräch über den Entstehungsprozess des Buches und berichten über ihre Erfahrungen mit Rassismus. Moderiert wird der Abend von Emily Grunert (Literaturhaus Rostock). Fatma Aydemir, 1986 in Karlsruhe geboren, ist Kolumnistin und Redakteurin bei der taz. 2017 erschien ihr Debütroman Ellbogen, für den sie mit dem Franz-Hessel-Preis ausgezeichnet wurde. Als freie Autorin schreibt sie daneben u. a. für das Missy Magazine. 2019 ist sie Stipendiatin der Villa Aurora in Los Angeles. Hengameh Yaghoobifarah, geboren 1991 in Kiel, ist freie_r Redakteur_in beim Missy Magazine und bei der taz, schreibt für deutsch-sprachige Medien, u.a. die Kolumne „Habibitus“ für die taz sowie für Spex, an.schläge und für das Literaturjournal politisch schreiben. Yaghoobifarahs Essay Ich war auf der Fusion, und alles, was ich bekam, war ein blutiges Herz erschien 2018. Eine Kooperationsveranstaltung mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung e.V. Ort: Literaturhaus Rostock (im Peter-Weiss-Haus), Doberaner Straße 21Eintritt: 5,-/3,- erm. (Reservierung über untenstehendes Feld möglich)
18. Februar 2019 | 20:00 Rückblick zu Lukas Rietzschel - »Mit der Faust in die Welt schlagen«
Moderation: Linda Vogt[mehr]
Am Abend des 18. Februar betraten der Autor Lukas Rietzschel und seine Lektorin Linda Vogt die Bühne des Literaturhauses Rostock. Mit seinem Roman „Mit der Faust in die Welt schlagen“ hat Lukas Rietzschel schon mit 24 Jahren ein bewegendes Porträt über die ostdeutsche Lebensrealität nach der Wende verfasst. Sein Debüt wurde in den Medien vielfach rezipiert und bereits mit einer Nominierung für den Aspekte-Literaturpreis ausgezeichnet.„Ich konnte zuerst nicht glauben, wie jung er noch ist“, berichtete Linda Vogt nach einer herzlichen Begrüßung an die Besucher des Abends, „es ist einfach Wahnsinn, ein großartiger Roman“.
Das Buch „Mit der Faust in die Welt schlagen“ handelt von den Brüdern Philipp und Tobias, die in der Provinz Sachsens aufwachsen. Der Hausbau ihrer Eltern scheint der Aufbruch in ein neues Leben zu sein. Doch hinter den Bäumen liegen vergessen die industriellen Hinterlassenschaften der DDR. Die Perspektivlosigkeit wird für Philipp und Tobias immer bedrohlicher. Als es zu Aufmärschen in Dresden kommt und auch ihr Heimatort Flüchtlinge aufnehmen soll, eskaliert die Situation. Während sich der eine Bruder in sich selbst zurückzieht, sucht der andere ein Ventil für seine Wut. „Goethe und Faust waren meine ersten Berührungen mit Literatur – diese Texte waren für mich schrecklich“, gab Rietzschel zu, als ihn Linda Vogt nach seinen Vorlieben für Literatur fragte. „Anna Karenina von Tolstoi war der erste Roman, mit dem ich mit identifizieren konnte – hier begann meine Liebe zur Literatur“.
Auf der Bühne unterhielt sich Lukas Rietzschel über die Rezeption des Romans seit der Veröffentlichung. Gemeinsam deckten sie die Hintergrund- und Entstehungsgeschichte des Debütromans auf. Literarisch wollte sich Rietzschel den rechtsextremen Themen nähern und er ließ sich durch die radikalen Vorfälle, die er selbst mitbekam, zum Schreiben motivieren.
Anschließend las Rietzschel Ausschnitte aus den drei Teilen des Buches vor. Der erste Ausschnitt aus dem zweiten Teil des Buches handelte von Philipp, welcher einen Klassenkameraden aufsuchte, nachdem ein Hakenkreuz in der Schule gefunden wurde. Sein Mitschüler soll etwas damit zu tun haben und Philipp möchte der Sache auf den Grund gehen.
Eine weitere Szene aus dem dritten Teil des Buches beschrieb eine Festszene, bei der es zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen Tobias, seinen Freunden und einer Gruppe Ausländern kam. Rietzschel wies am Ende der Szene auf die Wahrhaftigkeit des Geschehenen hin und dass der Aufruhr kaum zu stoppen gewesen sei. „Manchmal steht man verzweifelt daneben und sieht zu, wie der Hass wächst“, bedauerte Rietzschel, als er zum nächsten Kapitel kam.
Abschließend wurden Fragen vom zahlreich erschienen Publikum gestellt. Themen wie körperliche Gewalt, die heutige Gesellschaft und die fehlende Nähe von Mensch zu Mensch wurden angesprochen. Lukas Rietzschel erschuf mit seinem Roman eine tiefenpsychologische und zugleich literarisch stimmige Auskunft über Ostdeutschland. Seine Erzählstimme lässt Figuren lebendig werden, wie man sie in dieser erstickten Masse aus Einsamkeit, Enthausung und Empathielosigkeit nur selten findet. Wir danken Lukas Rietzschel und Linda Vogt für den gelungenen Abend und freuen uns auf ein Wiedersehen.
Eine Kooperationsveranstaltung von Heinrich-Böll-Stiftung M-V und Literaturhaus Rostock.
Frida Jung (Praktikantin im Literaturhaus Rostock)
18. Februar 2019 | 20:00 Lukas Rietzschel: »Mit der Faust in die Welt schlagen«
Moderation: Linda Vogt (Lektorin der Ullstein Buchverlage)[mehr]
Das Buch der Stunde (Sächsische Zeitung) Philipp und Tobias wachsen in der Provinz Sachsens auf. Im Sommer flirrt hier die Luft über den Betonplatten, im Winter bricht der Frost die Straßen auf. Der Hausbau der Eltern scheint der Aufbruch in ein neues Leben zu sein. Doch hinter den Bäumen liegen vergessen die industriellen Hinterlassenschaften der DDR, schimmert die Oberfläche der Tagebauseen, hinter der Gleichförmigkeit des Alltags schwelt die Angst vor dem Verlust der Heimat. Die Perspektivlosigkeit wird für Philipp und Tobias immer bedrohlicher. Als es zu Aufmärschen in Dresden kommt und auch ihr Heimatort Flüchtlinge aufnehmen soll, eskaliert die Situation. Während sich der eine Bruder in sich selbst zurückzieht, sucht der andere ein Ventil für seine Wut. Auf der Bühne unterhält Lukas Rietzschel sich mit seiner Lektorin über die Entstehung des Romans, die Hintergründe seiner Arbeit und die Rezeption des Romans seit der Veröffenlichung. Eine tiefenpsychologische und zugleich literarisch stimmige Auskunft über Ostdeutschland. Seine Erzählstimme lässt Figuren lebendig werden, wie man sie in dieser erstickten Masse aus Einsamkeit, Enthausung und Empathielosigkeit zuletzt in Christoph Heins „Der fremde Freud“ gelesen zu haben glaubt. (Die Welt) Mit 24 Jahren hat Lukas Rietzschel ein bewegendes Porträt über die ostdeutsche Lebensrealität nach der Wende verfasst. Sein Debüt wurde in den Medien vielfach rezipiert und bereits mit einer Nominierung für den Aspekte-Literaturpreis ausgezeichnet. Der Autor lebt im sächsischen Görlitz. Linda Vogt ist Lektorin bei den Ullstein Buchverlagen und Programmleiterin bei Ullstein fünf. Sie arbeitete in der Vergangenheit bereits als Lektorin bei der anderen bibliothek und List/Ullstein. Ort: Literaturhaus Rostock (im Peter-Weiss-Haus), Doberaner Straße 21 Eintritt: 6 Euro/ 4 Euro ermäßigtVvk. in der anderen Buchhandlung, Pressezentrum sowie unter diesem Link.
Eine Kooperationsveranstaltung von Heinrich-Böll-Stiftung M-V und Literaturhaus Rostock.