Programmarchiv Literaturhaus Rostock
06. März 2018 | 20:00 Rostock schreibt: Raifa al-Masri: »Neue Gedichte«
رئيفة المصري - قصائد جديدة // Lesung & Gespräch (arabisch-deutsch) mit der aus Syrien geflüchteten und mittlerweile in Rostock lebenden Autorin // Eintritt frei[mehr]
Moderation: Ulrika RinkeÜbersetzung der Neuen Gedichte von Raifa al-Masri: Suleman Taufiq. Raifa al-Masri, 1973 in Saudi-Arabien als Tochter einer Syrerin und eines Palästinensers geboren, wuchs in Damaskus auf. Die Diplom-Bauingenieurin und Mutter eines Sohnes kam durch ihre Eltern früh mit klassischer arabischer Literatur in Berührung. Sie veröffentlichte in Syrien einen Roman, der orientalische Märchen aufgreift (اللؤلؤ بعناقيده – etwa: »Perlentraube«), sowie einen Gedichtband. Vor der syrischen Revolution arbeitete al-Masri für einen privaten Radiosender. Seit 2012 ist sie ehrenamtlich beim unabhängigen Webradio »Syriali« aktiv, das – ohne sich einem bestimmten oppositionellen Lager zuordnen zu lassen – mit seinem Programm humanitär wirken will. Raifa al-Masri lebt seit September 2014 in Rostock und konnte ihren Sohn aus dem Kriegsgebiet nachholen. Die Gedichte, die sie seit ihrer Flucht geschrieben hat, kreisen in poetischer Sprache um Heimatverlust, Migration und die Suche nach einem neuen Zuhause, berühren aber auch Themen wie die Situation alleinstehender Frauen. Fragt man die Autorin, worum es ihr in ihren Texten geht, so lautet die Antwort:
das Menschsein und die Suche nach Frieden und Liebe. Der Ankündigungstext auf Arabisch:
ولدت رئيفة المصري عام 1973 في السعودية لأم سورية وأب فلسطيني. نشأت وتربت في دمشق. حصلت على ديبلوم في الهندسة المدنية. تعرّفت مبكراً عن طريق والديها على الأدب العربي الكلاسيكي. نشرت في سوريا رواية مبنية على الحكايات االشعبية الشرقية، وكذلك ديوان شعر . عملت رئيفة المصري قبل بداية الثورة السورية في محطة إذاعية خاصة. تعمل منذ عام 2012 مقدمة برنامج "بلا تذكرة سفر" على راديو سوريالي الذي يبث برنامجه على الإنترنت. وهي تعيش منذ عام 2014 مع ابنها الوحيد في مدينة روستوك الألمانية. تدور مواضيع القصائد ذات اللغة الشاعرية، التي كتبتها منذ فرارها حول فقدان الوطن والهجرة والبحث عن وطن جديد. ولكنها أيضا تتلمس مواضيع مثل وضع المرأة الأم التي تعيش لوحدها. وإذا سألنا الكاتبة عما تتحدث نصوصها، فالجواب: أن تكون إنسان والبحث عن السلام والمحبة . ترجم القصائد الى الألمانية سليملن توفيق Eintritt frei!
Literaturhaus Rostock (im Peter-Weiss-Haus), Doberaner Straße 21, 18057 Rostock
02. März 2018 | 19:30 Rostock schreibt: Franz Fühmann: »Briefwechsel mit Ingrid Prignitz«
Buchvorstellung, Lesung & Gespräch mit der Herausgeberin Kirsten Thietz[mehr]
Moderation: Ernst-Jürgen WalbergAus den Briefen lesen Eugen Krößner und Ulrika Rinke (Programmleiterin, Literaturhaus Rostock) »... wenn Du nur wüßtest, was mir Deine Briefe bedeuten.« 1969 begann die Zusammenarbeit von Franz Fühmann und Ingrid Prignitz. Zwischen 1975 und 1984 war die Hinstorff-Lektorin Fühmanns maßgebliche Ansprechpartnerin und der ausschlaggebende Grund für seine langfristige Bindung an den Verlag. Sie war kritische Erstleserin, Ratgeberin, Vertraute und Adressatin bei Freude wie bei Enttäuschung.
Für das Schaffen Fühmanns wurden diese Jahre die wichtigsten. Herausragende Werke entstanden in dieser Zeit, darunter der epochale Trakl-Essay »Vor Feuerschlünden«, die Essays zur Romantik und die »Science Fiction«-Erzählungen. Dieser von der Herausgeberin Kirsten Thietz kommentierte und mit einem ausführlichen Vorwort versehene Briefwechsel ist Arbeitsjournal, lebendiges Zeitdokument und bewegendes Zeugnis einer Freundschaft.
Franz Fühmann, 1922 – 1984, gehört zu den wichtigsten deutschsprachigen Schriftstellern der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sein Werk erscheint im Hinstorff Verlag. Ingrid Prignitz, 1936 – 2007, arbeitete ab 1961 im Hinstorff Verlag und war dort viele Jahre als Lektorin im Bereich Gegenwartsliteratur tätig. So betreute sie unter anderem Bücher von Jurek Becker und Klaus Schlesinger und war Herausgeberin zahlreicher Werke Fühmanns. Kirsten Thietz ist Literaturwissenschaftlerin und Lektorin (u.a. von 1986–1990 im Hinstorff Verlag). Sie arbeitet vor allem für Kunstverlage und Kulturinstitutionen und ist als Lehrbeauftragte an Berliner Universitäten tätig. Eintritt: 7,- €/erm. 5,- € Literaturhaus Rostock (im Peter-Weiss-Haus), Doberaner Straße 21, 18057 Rostock
27. Februar 2018 | 20:00 Rostock schreibt: Dietmar Guth: »Anders gesagt«
Buchpremiere & Gespräch [mehr]
Dietmar Guth war in der Reihe »Rostock schreibt« am 27. Februar im Literaturhaus zu Gast. Der Autor stellte seinen neuen Roman »Anders gesagt« vor: Protagonist der Geschichte ist ein Vater, dessen Sohn beschließt, sein Leben zu beenden. Daraufhin reist der Vater in die Stadt seines toten Sohnes und bezieht dessen Wohnung. Als Einstieg las der Autor aus dem ersten Kapitel seines Romans, wodurch die Zuhörer einen guten Eindruck des Buchs und seines hohen Realitätsgehaltes bekamen. Schon der Titel lässt erahnen, dass der Roman anders ist: Die Erwartungen des Lesers an einen Text mit den Themen Tod und Verlust sollen laut Dietmar Guth unterlaufen werden, da der Vater den Tod seines Sohnes nicht im herkömmlichen Sinne verarbeitet. Im Gespräch mit Erik Münnich wurde klar, warum Trauer und Tod dennoch zu den beherrschenden Motiven in »Anders gesagt« gehören. So sei ein Auslöser hierfür Guths Zivildienst auf einer chirurgischen Intensivstation, welcher ihn zugleich beeindruckt und betroffen hat. Darüber hinaus färbe die melancholische mecklenburgische Landschaft ab. Landschaften spielen neben einer bestimmten Familienkonstellation und der Heimat in jedem von Guths Werken eine wichtige Rolle. Der Autor, der schon als Kind Texte verfasste, zählt Heidegger, Kafka und Claude Simon zu seinen Vorbildern. Rituale während des Schreibprozesses habe er nicht mehr, so Guth, lediglich feste Zeiten.Leser können sich auf weitere Werke Dietmar Guths freuen, der zurzeit an einer längeren Erzählung und einem Roman arbeitet. Dietmar Guths Novelle »Basalt« ist in der Reihe Bibliothek Mecklenburg-Vorpommern erschienen, die vom Literaturhaus Rostock herausgegeben wird. Mehr Informationen dazu finden Sie hier. Dietmar Guth, geboren 1959 in Königsbronn auf der Schwäbischen Alb, studierte Germanistik, Literaturwissenschaft und Philosophie in Freiburg. In den 1980er und 90er Jahren schrieb er u.a. für Radio Bremen und den Bayerischen Rundfunk Hörspiele.
2006 zog Guth nach Mecklenburg, sechs Jahr später nach Rostock. Er erhielt mehrere Stipendien, darunter Förderungen des Künstlerhauses Lukas in Ahrenshoop (2009) und das Stipendium des Landes Mecklenburg-Vorpommern (2014). Auf sein Prosadebüt »Basalt« (2012) folgten der Roman »Drei Geschichten der Unberührbarkeit« (2014) und die Erzählung »Wege wegwohin« (2015), die zusammen mit dem Erstling eine Trilogie bilden. »Anders gesagt« ist Dietmar Guths erstes Buch im freiraum-verlag.
25. Februar 2018 | 14:30 Rostock schreibt: Sofalesung mit der »Literarischen Polstergruppe«
Lesung & Gespräch mit Rostocker Autoren[mehr]
Moderation: Jens Lippert und Ulrika RinkePlatti Lorenz, Henni-Lisette Busch, Wiebke Salzmann und Beat Mundwiler sind Teil der »LPG« – die Abkürzung steht für »Literarische Polstergruppe« und beschreibt das Konzept des MV-weit vernetzten Autorenkollektivs, in gemütlicher, intimer Atmosphäre ihre Texte vorzustellen. An diesem Nachmittag wird das Literaturhaus zum Wohnzimmer, und die Rostocker Autorinnen dieses losen Literaturproduktions-Zusammenschlusses geben Einblick in ihr Schaffen. Das Spektrum dieser höchst individuellen Schreiber reicht von Fantasy über historisch basierte Kriminalstoffe bis zu sensibler reflexiver Prosa. Für das leibliche Wohl ist an diesem literarischen Nachmittag ebenfalls gesorgt: Tee, Kaffee und selbstgemachten Kuchen gibt es gegen Spende. Eintritt: 3,- €
Kaffee, Tee, Kuchen und Snacks gegen Spende Literaturhaus Rostock (im Peter-Weiss-Haus), Doberaner Straße 21, 18057 Rostock
23. Februar 2018 | 20:00 Rostock schreibt: HausLese 800
Moderation: Tobias Wolff und Jens Lippert [mehr]
Die meiste Bühne der Welt hat seit Erteilung des Lesebühnenrechts die Jahrhunderte überdauert und lässt auch das neue Jahr nicht in Ruhe. Schreiberlinge und Musikanten lesen und singen ihre Werke, während Tobi und Jens völlig planlos versuchen, so etwas Ähnliches wie eine Moderation zu bewerkstelligen. Alle, die das noch nicht erlebt haben, werden skeptisch auf den Termin schauen. Doch Gewissheit ist möglich, gerade im (leicht aufgerundeten) 800. Jahr:Erst nach dem Besuch der HausLese könnte die Behauptung widerlegt werden, dass es sich hierbei nicht nur um die meiste, sondern trotz aller Unwahrscheinlichkeit auch um die unterhaltsamste Lesebühne der Welt handelt! Eintritt frei! Literaturhaus Rostock (im Peter-Weiss-Haus), Doberaner Straße 21, 18057 Rostock
30. Januar 2018 | 20:00 Jonas Lüscher: »Kraft«
Lesung & Gespräch im Rahmen der LiteraTour Nord // Moderation: Prof. Lutz Hagestedt[mehr]
Rund 90 Besucherinnen und Besucher finden sich im Möckelsaal im Peter Weiss Haus ein, um bei der letzten Veranstaltung der LiteraTour Nord 2018 in Rostock dabei zu sein.Zu Gast ist der Schweizer Autor und Philosoph Jonas Lüscher – mit seinem Debütroman »Kraft«.
Der Titel bezieht sich auf den Protagonisten: Rhetorikprofessor Richard Kraft. Dieser lebt in Tübingen und ist unglücklich verheiratet sowie finanziell gebeutelt. Doch womöglich hat er einen Ausweg aus seiner Misere gefunden – sein alter Weggefährte und ehemalige Kommilitone István, Professor an der Stanford University, lädt ihn zur Teilnahme an einer wissenschaftlichen Preisfrage ins Silicon Valley ein. In Anlehnung an Leibniz´ Essay über die »beste aller Welten« soll Kraft in einem 18-minütigen Vortrag begründen, weshalb alles, was ist, gut ist und wir es dennoch verbessern können. Für die beste Antwort hat ein Software-Mogul eine Million Dollar ausgelobt. Die erste Frage des Moderators Prof. Lutz Hagestedt an den Autoren lautet, wie es denn zu diesem Titel, zu dem Namen „Kraft“ kam? Jonas Lüscher spricht von Autorenglück, denn der Name sei schon vor der Idee zu seinem Roman da gewesen. Daraufhin entwickelte sich die Figur Richard Kraft. Er sei in jungen Jahren ein „intellektueller Kraftprotz“ gewesen, so der Autor. Mit der Zeit verlor Richard Kraft jedoch an Kraft und wurde zu der Figur, die er im Roman ist: ein Mann, der vor den Trümmern seines Lebens steht. Diese schicksalhafte, groteske Ironie findet sich überall in Jonas Lüschers Roman wieder; sie ist der rote Faden der Erzählung. Und als Jonas Lüscher mit dem Vorlesen des ersten Ausschnittes beginnt, weiß das Publikum manchmal nicht, ob es bitter schmunzeln oder mitfühlend schweigen soll – denn die Art und Weise, wie Jonas Lüscher seinen Protagonisten Richard Kraft beschreibt, ist komisch, furios und böse zugleich. So zum Beispiel lässt der Autor seine Hauptfigur nach einer missglückten Kanutour im Silicon Valley, nackt und gequält, umherirren. Und doch scheint Richard Kraft nicht seinen Mut zu verlieren. Dieses kuriose Zusammenspiel von Selbstbewusstsein und Unsicherheit entstand schon in Krafts Kindheit, so Jonas Lüscher auf Prof. Lutz Hagestedts Frage, woher Krafts Existenzängste rühren.
»Kraft« ist jedoch nicht nur ein Roman über gescheiterte Liebesbeziehungen und die Philosophie des Silicon Valley, sondern auch ein höchst politisches Zeugnis. In Zeitsprüngen zwischen der Gegenwart und den 1980er Jahren in der BRD wird Jonas Lüschers Recherchegenauigkeit deutlich. In detailgetreuen Beschreibungen stellt der Autor die Geschehnisse des Kanzlersturzes von 1982 dar – wobei die Detailgenauigkeit dem Charme und Witz der Geschichte keinen Abbruch tut.
Vermutlich ist es auch eben jene besondere Mischung aus gut recherchierter Politikgeschichte, philosophischer Expertise und schicksalhafter Ironie, die das Publikum und die Leser*innen des Romans so schätzen. Jonas Lüscher wuchs in Bern auf, wo er auch von 1994 bis 1998 das Evangelische Lehrerseminar Muristalden besuchte. Nach einigen Jahren als Dramaturg und Stoffentwickler in der Münchner Filmwirtschaft studierte er von 2005 bis 2009 an der Hochschule für Philosophie München. Nebenbei arbeitete Lüscher als freiberuflicher Lektor. Seine erste Novelle »Frühling der Barbaren« wurde 2013 für den Deutschen Buchpreis nominiert, ebenso für den Schweizer Buchpreis, und erhielt mehrere Auszeichnungen. »Kraft« stand ebenfalls auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis und wurde mit dem Schweizer Buchpreis 2017 ausgezeichnet. Jonas Lüscher ist Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland. Ein Portrait über Jonas Lüscher finden Sie hier: https://youtu.be/dQ2Du7qgQ2s Ein Rückblick von Lara Spät (Praktikantin)
23. Januar 2018 | 20:00 Lukas Bärfuss: »Hagard«
Lesung & Gespräch im Rahmen der LiteraTour Nord // Moderation: Prof. Lutz Hagestedt[mehr]
Eher der Vogel, eher eine Frau „Am Anfang dieser Geschichte steht ein Paar Damenschuhe.“ Es handelt sich um pflaumenblaume Ballerinas, wie der Autor später präzisiert. Die „andere Buchhandlung“ ist gut gefüllt und Lukas Bärfuss beginnt mit der Lesung seines 2017 erschienenen Romans »Hagard«. Gespannt lauschen alle Anwesenden dem charmanten Schweizer Dialekt, mit welchem Lukas Bärfuss voller Spannung und Emotion vorliest. Man mag kaum glauben, dass er seit März 2017 schon um die 100 Lesungen mit »Hagard« veranstaltet hat. Mit Humor, Charisma und Feingefühl für sein Publikum erzählt der Autor und Dramaturg von der Liebe und natürlich von Philipp – der Hauptfigur im Roman »Hagard«. Philipp tritt als erfolgreicher Immobilienhändler auf, der zu Beginn jedoch von einem Kunden versetzt wird. Daraufhin schlendert er durch ein Kaufhaus, ohne Ziel, ohne Plan. Bis er die pflaumenblauen Ballerinas entdeckt. Die Verfolgungsjagd beginnt. In großen, eindrücklichen Bildern beschreibt Lukas Bärfuss, was nun in Philipp vorgeht, wohin seine Gedanken schweifen. Trotz dieser Nähe des Erzählers erfahren wir den eigentlichen Grund für Philipps Verfolgungsmission nicht; vermutlich, weil nicht einmal der Verfolger selbst ihn kennt. Ebenso bleibt die verfolgte Frau ein Rätsel. Weder ihr Name noch ihr Gesicht werden verraten; sie bleibt gänzlich anonym. Und dennoch können sich die Lesenden ein eindrucksvolles Bild machen: Der Erzähler beschreibt sie als Königin, als Göttin, die im Schein eines Diamantblitzes ebenso schnell verschwindet, wie sie auftritt. Getrieben vom Zwang der Verfolgung, gibt Philipp bald alles auf, was ihn bisher ausmachte – Prinzipien, Äußerlichkeiten und Pflichten. Einzig die Verfolgung jener mysteriösen Frau bestimmt ihn und sein Leben.Auf die Frage, warum der Protagonist sich so verhalte, erwidert Lukas Bärfuss, dass er es auch nicht wisse. Er selbst kenne manchmal auch nicht alle Einzelheiten über seine Bücher, so der Autor. Nicht nur in »Hagard« verdeutlicht Lukas Bärfuss das Gemeinte mit beeindruckenden Metaphern, auch im Dialog mit dem Publikum greift er zu sprachlichen Bildern. So lautet seine Erklärung für sein Unwissen: „Ich wäre vermutlich auch kein Ornithologe, ich wäre viel eher der Vogel.“ Wie eine Schar Vögel fliegen Prof. Lutz Hagestedt und Lukas Bärfuss auch durch die Vielfalt an Gesprächsthemen in ihrem Dialog. Neben der bereits erwähnten Liebe besprechen sie auch die Philosophie. Lukas Bärfuss hat eine Schwäche für die vorsokratischen Philosophen, insbesondere für Parmenides. Auf Prof. Lutz Hagestedts Frage, warum ihn denn die Vorsokratiker interessierten, erwidert der Autor: „Damals gab es noch keine Trennung zwischen Schriftsteller und Philosoph.“ Auch über den deutschen Soziologen Niklas Luhmann unterhalten sie sich und beenden das Gespräch wieder mit der Liebe. Prof. Lutz Hagestedt zitiert Niklas Luhmann mit den Worten: „Wenn Frauen lieben, dann tun sie dies absolut. Wenn Männer lieben, dann haben sie immer noch etwas nebenbei zu tun“ und fragt Lukas Bärfuss, wie er das sehe. Der Autor antwortet, dass er Niklas Luhmann zwar sehr schätze, diese Aussage jedoch nicht satisfaktionsfähig sei. Demnach wäre er selbst, Lukas Bärfuss, eher eine Frau. Denn gerade in menschlichen Beziehungen müsse man absolut sein und sich ganz hineingeben; Pragmatismus sei schlussendlich nicht lebbar, so der Autor. Lukas Bärfuss und Prof. Lutz Hagestedt gestalteten eine rundum gelungene Lesung und nahmen das Publikum dank viel Charme und Witz mit auf eine Verfolgungsjagd, die im Gedächtnis bleibt. Lukas Bärfuss wurde 1971 in Thun geboren. Nach der Matura absolvierte er eine Ausbildung zum Buchhändler. Seit 1997 lebt und arbeitet er als freier Schriftsteller in Zürich. Neben zahlreichen Theaterstücken schreibt er auch Prosatexte und Hörspiele. Für sein Stück »Der Bus (Das Zeug einer Heiligen)« wurde er 2005 zum Nachwuchsdramatiker des Jahres gewählt. Das Stück erhielt im selben Jahr den Mülheimer Dramatikerpreis. 2008 erhielt er für seinen ersten Roman »Hundert Tage« den Anna-Seghers-Preis. Für seinen zweiten Roman »Koala« wird er 2014 mit dem Schweizer Buchpreis ausgezeichnet. Seit 2015 ist Lukas Bärfuss Mitglied der Akademie für deutsche Sprache und Dichtung.
Ein Portrait über Lukas Bärfuss finden Sie hier: https://youtu.be/1UWo4K2hD7o Ein Rückblick von Lara Spät (Praktikantin)