Programmarchiv Literaturhaus Rostock

14. Mai 2019 | 20:00 Rückblick "Unter Freund*innen": Saša Stanišić »Herkunft« & Katharina Adler »Ida«

Moderation: Emily Grunert[mehr]

Am 14. Mai präsentierte das Literaturhaus Rostock sein neues Format „Unter Freund*innen“. Hierzu werden wir zwei befreundete Autor*innen einladen, die sich über ihre Arbeitsprozesse, Erfolge und Rückschläge austauschen können. Den Anfang machten am Dienstag Saša Stanišić und Katharina Adler. Den Abend moderierte Emily Grunert (Programmleitung Literaturhaus Rostock).
Beide Schriftsteller*innen beschäftigten sich in ihren zuletzt veröffentlichten Büchern »Herkunft« und »Ida« mit ihrer Familie und Herkunft. Und so war auch gleich die erste Frage, wie sie damit umgegangen sind über ihre eigene Familie zu schreiben.
Adler gestand, dass sie relativ naiv an die Recherche gegangen war, da sie persönlich nicht viel über ihre Urgroßmutter wusste und sie persönlich nicht kannte. Sie wusste nur, dass es viel zu erzählen gab aus dem Leben, nicht nur die kurze Behandlung bei Freud. Adler stellte fest, dass ihre Quellen alle öffentlich zugänglich wären, so hätte also auch jemand, der nicht mit ihrer Urgroßmutter verwandt war, diesen Roman schreiben können.
Stanišić hatte eine andere Herangehensweise, da er die Personen, auf denen die Figuren basieren, kennt. Ausgangspunkt des Schreibprozesses war seine an Demenz erkrankte Großmutter. Er wollte für sie und für sich selber ihre Geschichten finden und festhalten. Durch das Reden mit Freunden, das Stöbern in Archiven und das Lesen von Briefen, konnte Stanišić eine Vielzahl von Ereignissen rekonstruieren und reflektiert betrachten. Seine Familie war über sein Vorhaben informiert und half ihm sogar dabei.
Auf die Frage, ob man befangener schreibe, wenn die eigene Familie involviert sei, antwortete Stanišić, dass es erst schwierig werde, wenn die beschriebenen Personen noch am Leben seien. Adler hatte ihrer Familie ein Jahr lang nicht erzählt, woran sie arbeitete, sie war auf eine negative Reaktion eingestimmt, die glücklicherweise ausblieb. Stanišić fügte hinzu, dass man die Fiktionalisierung von Personen und Ereignissen immer vor sich und seiner Familie rechtfertigen muss, was nicht nur zu einer Selbstreflektion sondern auch zu interessanten Familiengesprächen führen kann. Adler war aufgeregt ihrem Vater die Passagen über seine Eltern zu zeigen, doch er hatte nur ein Kommentar: keine Krawatte, sein Vater hatte nur Fliege getragen! Im Sinne der Reihe „Unter Freund*innen“ waren die beiden Autor*innen jeweils in der Danksagung des anderen zu finden.
Sie erzählten uns, dass sie sich in Leipzig während ihres Studiums kennengelernt hatten und anfingen sich ihre Texte gegenseitig vorzulesen und zu kritisieren. Diesen Werkstatt-Gesprächen kam ihre Freundschaft nie in die Quere. Und noch heute ist dies ein Weg sich gegenseitig zu motivieren und in die richtige Richtung zu lenken, sodass lesbare Ergebnisse entstehen.
Stanišić und Adler sind sich beide einig, dass ihre Bücher ähnliche Motive und Bilder, wie Migration, Ankunft und Fremdheit, aufgreifen, jedoch ist ihnen das erst im Nachhinein aufgefallen, denn der Schreibprozess war bei beiden sehr unterschiedlich. Um dies zu unterstreichen, lasen beide Passagen  zu den Themen Flucht und Ankunft.
Katharina Adler machte den Anfang. Sie las mehrere Passagen aus ihrem Buch vor. Ihr ausdrucksvolles Lesen verzauberte das Publikum und brachte es an mehreren Stellen zum Lachen. Es fühlte sich fast wie einer Theatervorführung an, da Adler verschiedene Gesichtsausdrücke und Stimmenlagen für Figuren benutzte. Man bekam einen hervorragenden Eindruck von dem Roman und der Hauptfigur Ida.
Der Roman umfasst eine sehr lange Zeitspanne vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis zum Ende der 1940er Jahre. Adler hatte sich bewusst hierfür entschieden, da die Zeitspanne von drei Monaten, in der Ida Adler bei Freud in Behandlung war, sehr detailliert dokumentiert ist, der Rest ihres spannenden Lebens jedoch nicht. Auch ihr Schreibprozess war, wie das Buch, nicht chronologisch. Adler hatte Schwierigkeiten sich der Person Ida Adler zu nähern und hat daher mit einer Zeit angefangen, in der Ida mit Personen verkehrte, denen Katharina Adler selbst noch begegnet war.
Nach ein paar weiteren kurzen Fragen an Adler, las Stanišić mehrere Passagen aus seinem Buch.
Das Publikum hörte ihm gespannt zu, als er mit ausschweifender Gestik und begeisterte Stimme las und erzählte. Mit vollem Körpereinsatz trug er seine sensationell witzigen und fast schon naiven Auszüge vor und brachte das Publikum mehr als einmal lauthals zum Lachen. Am Ende hingen alle gespannt an seinen Lippen. Da nicht mehr viel Zeit blieb, beantwortete Stanišić noch die Frage, was genau sein Buch denn nun sei? Roman, Autobiographie, Essayband oder Ähnliches? Er selber wusste auch keine Antwort darauf, da vertraut er seinen Leser*innen. Sie werden schon wissen, was Fakt und was Fiktion ist. Obwohl er sich mit einem Thema beschäftigt hatte, das politisiert, wollte es keine politische Aussage treffen oder eine Moral vermitteln. Dank seiner Jugend-Tagebücher und Vokabelhefte, konnte er ein sehr detailliertes Bild seiner Jugend schaffen, mit all den guten und schlechten Erinnerungen an die Ankunft in Deutschland. Die wichtige Frage zum Abschluss war, was für die Autor*innen als nächstes ansteht. Stanišić wurde angefragt, den Text zu einem Fantasy-Spiel zu schreiben, worauf er sich schon sehr freut. Adler beendet bald ihre Lesereise und macht sich wieder an die Arbeit, um ein weiteres hervorragendes Buch zu schreiben. Stanišić und Adler wurden mit einem langen und tosenden Applaus verabschiedet.  Wir bedankung uns sehr für diesen unvergesslichen Abend und den hervorragenden Start einer neuen Reihe. Natalie Dielmann
(Praktikantin Literaturhaus Rostock)

14. Mai 2019 | 20:00 Unter Freund*innen: Saša Stanišić & Katharina Adler

Lesung aus den Romanen: »Herkunft« & »Ida« [mehr]

Befreundete Autor*innen im Gespräch auf der Bühne: In unserer Reihe »Unter Freund*innen« berichten Autor*innen von ihrem Alltag als Schriftsteller*in und tauschen sich zwanglos im Werkstattgespräch über ihre Erfahrungen aus. Moderiert werden die Abende von Emily Grunert (Literaturhaus Rostock).  Den Anfang machen die Autor*innen Saša Stanišić und Katharina Adler: In Stanišićs Roman »Herkunft« geht es um Heimaten: Jene, die der Erinnerung entspringen, aber auch jene, die rein erfunden sind. Sommer spielen eine große Rolle – zum Beispiel der Sommer, in dem der Großvater der Großmutter beim Tanzen so fest auf den Fuß trat, dass er selbst womöglich nie geboren worden wäre. Der Sommer, in dem er fast ertrank. Der Sommer, in dem Angela Merkel die Grenzen öffnen ließ, und der, in dem er über die Grenzen floh. Ein Buch über den Zufall des geboren Werdens und das, was danach kommt. Mit Geschichten von sowjetischen Großtanten, bosnischen Polizisten, Marxismus-Professorinnen, die Marx vergessen haben, und einer Grundschule mit nur drei Schülern. Saša Stanišić wurde 1978 in Višegrad (Jugoslawien) geboren und lebt seit 1992 in Deutschland. Sein Debütroman »Wie der Soldat das Grammofon repariert« wurde in 31 Sprachen übersetzt. Mit »Vor dem Fest« gelang Stanišić erneut ein großer Wurf; der Roman war ein SPIEGEL-Bestseller und ist mit dem renommierten Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet worden. Für den Erzählungsband »Fallensteller« erhielt er den Rheingau Literatur Preis sowie den Schubart-Literaturpreis. Saša Stanišić lebt und arbeitet in Hamburg. Katharina Adler berichtet in ihrer Biografie »Ida« über den Werdegang ihrer Urgroßmutter, die im 20. Jahrhundert bei niemand geringerem als Sigmund Freud vorzeitig die Behandlungskur abbrach. Die Geschichte des jüdischen Mädchens mit ‘petite hystérie‘, das unter dem falschen Namen „Dora“ bekannt wurde, erregte Mitleid und erlangte Ruhm. Katharina Adler erzählt nun von den unterschiedlichen Facetten der Frau von damals: Wie sie ihren Kampf mit Welt- und Nervenkriegen meisterte, und von dem, was nach dem Zuschlagen von Freuds Praxistür passierte. Ein Plädoyer für die Wahrheit der Empfindung und die Vielfalt ihrer Versionen. Katharina Adler wurde 1980 in München geboren, wo sie nach Stationen in Leipzig und Berlin heute wieder lebt. Bereits für das Manuskript ihres ersten Romans, 'Ida', erhielt sie das Literaturstipendium des Freistaats Bayern und wurde 2015 für den Alfred-Döblin-Preis nominiert. 2018, nach Erscheinen des Buches, folgte die Nominierung für den Klaus-Michael Kühne-Preis und den ZDF-aspekte-Literaturpreis. Ort: Literaturhaus Rostock, Doberaner Straße 21, 18057 Rostock
Eintritt: 9,- €/ 6,- € ermäßigt
Vvk.: 6,- €, Pressezentrum; unter diesem Link und in der anderen buchhandlung

10. Mai 2019 | 20:00 Rückblick Diana Ringelsiep und Felix Bundschuh »A Global Mess«

Auf SubkulTOUR durch Südostasien[mehr]

Am Freitag, den 10. Mai, hatten wir das Vergnügen Diana Ringelsiep bei uns zu begrüßen. Ihr Partner Felix Bundschuh hatte leider persönliche Verpflichtungen, denen es nachkommen musste, und war daher nicht anwesend. Ringelsiep beichtete, wie nervös sie sei, da es nicht nur die erste Lesung mit »A Global Mess« war, sondern auch ihre erste Lesung überhaupt. Trotz ihrer Aufregung, war Ringelsiep sympathisch und locker und man sah ihr die Begeisterung für ihr Projekt an.
Ihre kurze Einführung bestand aus einer Nacherzählung der Entstehung von »A Global Mess«. Ringelsiep und Bundschuh hatten beide zur selben Zeit ihren Job gekündigt, unabhängig voneinander, und sich zufällig auf einer Party wiedergetroffen. Aus einer „Weinlaune“ heraus, wie Ringelsiep es so schön nannte, entstand die Idee für das Abenteuer. Ringelsiep und Bundschuh sind beide bekennende Punks und interessierten sich schon immer für die weltweite Underground-Szene. Sie wollten an Orte fahren, an denen Untergrundbewegungen noch echte Rebellion bedeutet. Also machten sie sich auf den Weg nach Südostasien.
Aus dieser Reise entstanden nicht nur ein Buch, sondern auch ein 90-minütiger Film und ein Sampler, mit Musik von lokalen Bands. Ringelsiep versicherte uns, dass das Buch und der Film recht unterschiedlich seien, vor allem, da die 150 Stunden Filmmaterial sehr stark komprimiert werden mussten. Das Buch ist subjektiver, ungekürzter und die Autor*innen reflektieren das Geschehene und ihre Gedanken direkter. Es wird aus den Perspektiven der beiden Reisenden erzählt, wodurch man einen Einblick in ihre persönlichen Gefühle und Eindrücke bekommt.
Aufgrund von Bundschuhs Abwesenheit, fing Ringelsiep die Lesung in der Mitte des Buches an, in Singapur. Sie erzählte von den Eindrücken der Stadt, schilderte wie ihr die frische Haarfarbe dank der feuchten Hitze das Gesicht runterlief und teilte ihren Erfahrungen mit der Underground-Szene der Stadt. Während sie las, wurden Bilder gezeigt, was die Geschichte schön unterstrich. Zwischen den einzelnen vorgelesenen Passagen, erzählte uns Ringelsiep noch mehr Details zu der Reise, sodass man eine sehr gute Vorstellung von den Erlebnissen bekam. Wir hörten nicht nur von den guten Erlebnissen, sondern auch von den Schwierigkeiten der Kontaktaufnahme aufgrund von Sprachbarrieren und Gefahren der Untergrundszene dieser Länder, dank der strikten Gesetzte, und wie sie sich bei dem allen fühlte.
Ihr Abenteuer fasste sie zusammen mit „in der Ferne nach Hause kommen“. Denn trotz der verschiedenen Kulturen und Sprachen, trafen sie überall auf Gleichgesinnte, die sie mit offenen Armen begrüßten. Ob es Punks waren, Rapper oder Street-Artist, alle verband dasselbe Gefühl der Rebellion, den Wunsch die Welt zu verbessern und dafür zu kämpfen.
Nach der Lesung des Buches, hatten wir das Privileg den vollständigen Film zusehen. Die beeindruckenden Bilder dieser südostasiatischen Länder machten Lust auf Reisen, die Interviews mit Bands und Künstler*innen verschafften einen Einblick in das Leben der Menschen und die Aufnahmen von den Konzerten ließen uns atemlos zurück.
Am Ende kam noch eine Frage aus dem Publikum: wie geht es jetzt für die beiden weiter? Ringelsiep verriet, dass sie und Bundschuh die letzten Monate konstant an diesem Projekt gearbeitet haben und noch gar nicht weiterdenken konnten. Jetzt steht erstmal eine Lese- und Filmreise an, was danach kommt, steht noch in den Sternen. Wir bedanken uns für diesen aufregenden und lehrreichen Abend. Eine gemeinsame Veranstaltung des Peter-Weiss-Haus e.V., des Kollektivs analoge Kultur und des Literaturhauses Rostock. Natalie Dielmann (Praktikantin Literaturhaus Rostock)

10. Mai 2019 | 20:00 Diana Ringelsiep und Felix Bundschuh: »A Global Mess«

Auf SubkulTOUR quer durch Südostasien[mehr]

Jede Generation rebelliert aufs Neue gegen die Werte und Moralvorstellungen ihrer Eltern. Doch wen soll das noch schockieren, wenn es Sex-Pistols-Shirts von der Stange gibt und Gangster-Rap im Radio läuft? Die Journalistin Diana Ringelsiep und der Musikmanager Felix Bundschuh sind dort hingegangen, wo Subkultur noch echte Rebellion bedeutet. Auf ihrer Reise quer durch Südostasien sind sie der Frage nachgegangen, welches Lebensgefühl junge Menschen verschiedener Untergrundbewegungen weltweit miteinander verbindet. »A Global Mess« erzählt die Geschichte zweier Freunde, die sich auf eine abenteuerliche Reise ans Ende der Welt begeben haben, um Orte zu erkunden, die in keinem Reiseführer stehen. Sie besuchten Underground-Konzerte in verlassenen Gebäuden, gerieten in heikle Situationen abseits der üblichen Touristenpfade und führten zahlreiche Gespräche mit Bands, Street Artists und Riot Grrrls.

In ihrem episodenhaft erzählten Buch gewähren Diana und Felix Einblicke in ihren Reisealltag und erzählen aus wechselnden Perspektiven von ihren Erlebnissen. Dabei greifen sie auch auf Tagebucheinträge, E-Mails, SMS- Dialoge und Interviews zurück, die sie unterwegs geführt haben. Diese besondere Mischung aus Reiseanekdoten und journalistisch aufbereiteten Rechercheergebnissen macht »A Global Mess« zu einem einzigartigen Zeitzeugnis, das die globale Verbundenheit verschiedener Subkulturen dokumentiert. Diana Ringelsiep, ist 1985 in Bochum geboren, war Teil der Dorfpunkjugend in Nordhessen, und absolvierte ein Studium an der Universität der Künste in Berlin. Seither schreibt die Kulturjournalistin für verschiedene Magazine und Tageszeitungen. Ihre Texte erschienen u. a. in Tageszeitungen wie »FAZ«, »taz« und »Tagesspiegel« sowie in zahlreichen Musik- und Lifestylemagazinen. Von 2013 bis 2015 war Diana Ringelsiep Mitherausgeberin des »PUNKROCK! Fanzine«, für das sie zahlreiche Interviews führte und eine regelmäßige Kolumne schrieb. Inhaltlich befasst sie sich am liebsten mit Themen rund um »Pizza, Punk und Popkultur«. Felix Bundschuh wurde 1985 in Stuttgart geboren. Kurz darauf zog er mit seiner Familie ins Ruhrgebiet, in den 90er-Jahren ging es weiter in die USA. Als Teenager kehrte er im Jahr 2000 zurück nach Deutschland, wo er den Punk für sich entdeckte und seine erste Band gründete. Schließlich verschlug es ihn auch beruflich in die Musikbranche. So arbeitete Felix Bundschuh in den vergangenen Jahren als A&R- und Produktmanager für unterschiedliche Plattenfirmen und Medienunternehmen. Ort: Literaturhaus Rostock, Doberaner Straße 21, 18057 Rostock
Eintritt: 6,- € /erm. 4,- € (nur an der Abendkasse) Eine gemeinsame Veranstaltung des Peter-Weiss-Haus e.V., des Kollektivs analoge Kultur und des Literaturhauses Rostock.

05. Mai 2019 | 10:00 Spaziergang 1 – Im Raume lesen wir die Zeit

Treffpunkt: Kröpeliner Tor | Dr. Wolfgang Gabler[mehr]

Rostock beherbergt die älteste Universität Nordeuropas. Gern wird sie als „Leuchte des Nordens“ bezeichnet. Sie wurde 1419 gegründet und sandte über die Jahrhunderte hinweg Signale aus, die viele Dichter erreichten. Vor 500 Jahren gehörte Ulrich von Hutten zu ihnen. Viele, die nach ihm kamen, waren einst kaum weniger berühmt, aber nur wenige sind in Erinnerung geblieben. Dennoch war die Universität nicht nur ein Hort der Schönen Literatur, sondern auch eine Institution, deren Mitglieder Literatur behinderten, aussortierten, gar verbrannten.
Damit symbolisiert allein dieses Gebäude die Gegensätze der Literaturgeschichte auf engstem Raum. Solche Spannungen sind Thema dieses Spaziergangs durch das literarische Rostock.   In der Nördliche Altstadt etwa stoßen wir auf ein seltsames Reiterdenkmal, das längst zu einer Art literarischem Wahrzeichen Rostocks wurde.                 Was es mit diesem Bronzeguss von Jo Jastram auf sich hat, wo Fritz Reuter in dieser Gegend andockte und warum das Kempowski-Ufer eine ziemlich heikle Ehrung darstellt, sind nur drei der reizvollen Fragen, die auf diesem Spaziergang aufgeworfen und – Schritt für Schritt –  beantwortet werden. Teilnahmegebühr: 5,-
Treffpunkt: Kröpeliner Tor
Die literarischen Spaziergänge durch die »Literaturstadt Rostock« basieren auf dem gleichnamigen Buch, erschienen bei edition a. b. fischer. Erhältlich ist das Buch direkt beim Verlag oder in einer Buchhandlung in Ihrer Nähe. 

30. April 2019 | 20:00 Rückblick Heinz Bude »Solidarität. Zukunft einer großen Idee«

Moderation: Dr. Heiner Hastedt[mehr]

Am 30. März hatte das Literaturhaus die große Ehre Heinz Bude mit seinem neuen Buch »Solidarität. Die Zukunft einer großen Idee« zu begrüßen. Moderiert wurde der Abend von Prof. Dr. phil. Heiner Hastedt. Sollte Ihnen dies bekannt vorkommen, liegt es daran, dass die beiden Herren schon letztes Jahr im Literaturhaus auf der Bühne standen. Damals stellte Bude sein Buch » Adorno für Ruinenkinder. Eine Geschichte von 1968« vor. Dr. Hastedt stellte Heinz Bude voller Lob als einen Autor vor, der auf knappem Raum brisante Themen besprechen kann und stellte ihm gleich die Frage, wie er auf ein so kontroverses Thema wie Solidarität gekommen sei. Bude gab zu, dass es zuerst auf Wiederstand stieß, als er angefangen habe, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Auch er war in seiner Jugend bereit Solidarität hinter sich zu lassen. Nach dem Motto „Individuen einfach machen lassen“ besetzte er Häuser und demonstrierte. Seiner Meinung nach, waren es individuelle Menschen, die einen Unterschied bewirkten. Der Ausdruck Solidarität hatte für Bude lange Zeit einen schlechten Beigeschmack. Ganz in diesem Sinne wird der Gedanke der Solidarität, laut Bude, auch heutzutage von der politischen Rechten missbraucht. Zuerst wir und dann die anderen - das nennt Bude exklusive Solidarität, eine Idee, die er scharf kritisiert. Auch seine frühere Überzeugung vom starken Einzelnen hat Bude inzwischen abgelegt. Und hier kam seine neue Definition von Solidarität auf.
Um nicht zu viel aus dem Buch vorwegzunehmen, hier nur eine kurze Zusammenfassung: Solidarität stellt die Frage danach, was ein einzelner wirklich braucht und wie bereit wir sind, gemeinsam etwas zu geben. Begriffe wie Barmherzigkeit, Gerechtigkeit und Großzügigkeit fielen in seiner Definition von Solidarität auch.
Trotz der großen, teilweise abstrakten Ideen, mit denen Bude sich beschäftigt, waren seine Ansätze sehr gut verständlich und nachvollziehbar. Mit schwerwiegenden Themen wie Politik, Kapitalismus und Klimawandel  beschäftigt er sich auf eine lockere und enthusiastische Art und Weise, die es dem Publikum leicht machte ihm zu folgen. Hastedt war seinerseits ein hervorragender Gesprächspartner, der Verständnis- und Rückfragen stellte und selber sehr interessiert an den Antworten war. Mit den Worten „Heinz Bude liest“ eröffnete Dr. Hastedt die Lesung einer kurzen Passage aus dem Buch. Wieder kam die Verständlichkeit von Budes Worten und Gedanke zum Vorschein. In dem durchaus kurzen Abschnitt verglich Heinz Bude Arbeiter und Angestellte und ihre unterschiedlichen Ziele und Wünsche, alles in Hinblick auf die Begrifflichkeit der Solidarität. Nach einem kurzen Vortrag von Bude zum Thema Postkapitalismus und wirtschaftliche Zukunft, wurden die Fragerunde des Publikums eröffnet. Es wurden viele interessante Fragen zu Budes Forschung und Werken gestellt und Begriffe geklärt, die weitere spannende Diskussion nach sich zogen. Bude war allen Fragen gegenüber sehr offen, bereit Dinge zu wiederholen und genauer zu erläutern. Bude überzeugte durch seine Intelligenz, seine charmante Art und sein breites Interessenspektrum.  Es war eine Freude ihm zuzuhören und sich von ihm zum Nachdenken anregen zu lassen. Wir bedanken uns bei Heinz Bude und Heiner Hastedt für diesen spannenden Abend. Natalie Dielmann (Praktikantin im Literaturhaus Rostock)

30. April 2019 | 20:00 Heinz Bude: »Solidarität«

Moderation: Prof. Heiner Hastedt (Universität Rostock)[mehr]

Wieso geriet Solidarität so in Verruf? Und könnte sie unsere Gesellschaft eventuell doch vor dem Auseinanderbrechen retten? Mit seinen Reflexionen liefert der Soziologe Heinz Bude Antworten auf existentielle Fragen von heute. Menschen müssen solidarischer und empathischer handeln – besonders in der heutigen Zeit, in der die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinanderdriftet und jeder für seinen Erfolg eigenverantwortlich ist. Heinz Bude rechnet in »Solidarität« (Hanser Verlag) mit Deutschlands Sozialsystem ab und appelliert an die Mitmenschlichkeit der Bevölkerung: Es reicht nicht nur aus, durch Sozialversicherungen materielle Not zu lindern, man sollte auch die Menschen dahinter wieder erkennen und sich in sie einfühlen können.  Moderiert wird der Abend von Heiner Hastedt, Professor für Sozialphilosophie und Anthropologie an der Universität Rostock. Heinz Bude, geboren 1954, studierte Soziologie, Philosophie und Psychologie. Seit 2000 ist er Inhaber des Lehrstuhls für Makrosoziologie an der Universität Kassel. 1997-2015 leitete er den Bereich "Die Gesellschaft der Bundesrepublik" am Hamburger Institut für Sozialforschung. Er lebt in Berlin. Im Carl Hanser Verlag erschienen zuletzt:  Das Gefühl der Welt. Über die Macht von Stimmungen (2016) und Adorno für Ruinenkinder. Eine Geschichte von 1968 (2018). Ort: Literaturhaus Rostock (im Peter-Weiss Haus), Doberaner Straße 21, 18057 Rostock
Eintritt frei. Um Reservierungen wird gebeten.
Eine Kooperationsveranstaltung mit der Landeszentrale für politische Bildung MV.