Programmarchiv Literaturhaus Rostock

12. Dezember 2018 | 20:00 Judith Schalansky »Verzeichnis einiger Verluste«

Rückblick zu Judith Schalansky | Alexander Solloch von NDR Kultur[mehr]

Am 12. Dezember scherte es viele Rostocker eher weniger, dass die Polizei an jeder Ecke ihre Posten aufgrund einer Demonstration bezogen hatte. Judith Schalansky las aus ihrem »Verzeichnis einiger Verluste«(erschienen bei Suhrkamp), und das sollte man sich nicht entgehen lassen. Dieses »Verzeichnis einiger Verluste« beschäftigt sich mit Dingen, die über die Jahre hinweg in Vergessenheit geraten, verloren gegangen oder schlichtweg aus unserer Wahrnehmung verschwunden sind. Dafür hat sich Judith Schalansky tagtäglich in die Berliner Staatsbibliothek begeben (die übrigens zu ihrem Leidwesen wegen Umbauarbeiten bald geschlossen wird) und recherchiert: Nach dem kaspischen Tiger, Liedern von Sappho oder dem abgerissenen Palast der Republik. Die studierte Kommunikationsdesignerin verfeinerte ihr Werk mit eigenen Illustrationen zu jedem Kapitel – dabei sind die Zeichnungen schwarz auf schwarz gedruckt, sodass man auch sie nur bei genauerem Betrachten entdeckt – und achtete stets beim Schreiben darauf, dass jedes Kapitel genau sechzehn Seiten enthielt. Am 12. Dezember betrat sie dann gemeinsam mit Alexander Solloch von NDR Kultur unsere Lesebühne: Die Kombination von Judith Schalansky und Alexander Solloch wirkte gerade durch ihre Gegensätze unglaublich charmant. Während er die Naturbeschreibungen eher überspringt in Büchern, liebt Judith Schalansky noch so kleine Details und widmet ihnen ein ganzes Kapitel, in dem sie ihren Weg durch den Wald an der Quelle des Rycks beschreibt. Akkurate Naturbeschreibungen als Nachlass für kommende Generationen, schließlich ginge das Wissen über Natur immer weiter verloren, wie die Herausgeberin der „Naturkunden“ bei Matthes & Seitz mit Bedauern feststellte. Stilistisch völlig anders sprach sie wiederum über Greta Gabos Schnupfen – da will man sich einmal nur kurz die Nase putzen, und schon steht dort jemand mit einer Kamera und knipst ein Foto, stellt Schalanskys divenhafte Interpretation der Schauspielerin entnervt fest. Eine Besonderheit von Judith Schalansky sind ihre individuellen Signaturen – mit mitgebrachten Stempeln und Stempelkissen verzierte die gebürtige Greifswalderin abschließend die mitgebrachten Werke der Zuhörer*innen. Ein angenehmer Abend mit viel Witz und Charme von Judith Schalansky und Alexander Solloch, den wir gerne in Erinnerung behalten!

Wir danken NDR Kultur für diese Kooperationsveranstaltung. Die Veranstaltung wurde im Programm von NDR Kultur aufgezeichnet (Audio). Den Link dazu finden Sie hier.

Elisabeth Nagy (Praktikantin im Literaturhaus Rostock)

12. Dezember 2018 | 20:00 NDR Kultur Autoren lesen: Judith Schalansky - »Verzeichnis einiger Verluste«

Moderation: Alexander Solloch (NDR Kultur) - Vvk. ab sofort![mehr]

Die Weltgeschichte ist voller Dinge, die verloren sind – mutwillig zerstört oder im Lauf der Zeit abhandengekommen. In ihrem neuen Buch widmet sich Judith Schalansky dem, was das Verlorene hinterlässt: verhallte Echos und verwischte Spuren, Gerüchte und Legenden, Auslassungszeichen und Phantomschmerzen. Ausgehend von verlorengegangenen Natur- und Kunstgegenständen wie den Liedern der Sappho, dem abgerissenen Palast der Republik, einer ausgestorbenen Tigerart oder einer im Pazifik versunkenen Insel, entwirft sie ein naturgemäß unvollständiges Verzeichnis des Verschollenen und Verschwundenen, das seine erzählerische Kraft dort entfaltet, wo die herkömmliche Überlieferung versagt.

Die Protagonisten dieser Geschichten sind Figuren im Abseits, die gegen die Vergänglichkeit ankämpfen: ein alter Mann, der das Wissen der Menschheit in seinem Tessiner Garten hortet, ein Ruinenmaler, der die Vergangenheit erschafft, wie sie niemals war, die gealterte Greta Garbo, die durch Manhattan streift und sich fragt, wann genau sie wohl gestorben sein mag, und die Schriftstellerin Schalansky, die in den Leerstellen ihrer eigenen Kindheit die Geschichtslosigkeit der DDR aufspürt. Judith Schalansky wurde 1980 in Greifswald geboren. 2008 erschien ihr Debüt »Blau steht dir nicht«. Es folgten der international erfolgreiche Bestseller »Atlas der abgelegenen Inseln« und der Roman »Der Hals der Giraffe«. Im Verlag Matthes & Seitz gibt sie seit einigen Jahren die Reihe »Naturkunden« heraus. Sie wurde u.a. mit dem Preis der Literaturhäuser (2014), dem Droste-Preis (2015) und zuletzt für »Verzeichnis einiger Verluste« mit dem Wilhelm-Raabe-Preis (2018) ausgezeichnet. Kenah Cusanit, geboren 1979, lebt in Berlin. Für ihre Essays und Gedichte wurde die Altorientalistin und Ethnologin bereits mehrfach ausgezeichnet. Bei Hanser erschien ihr Debütroman Babel (2019).

Alexander Solloch wurde in Wesel am Niederrhein geboren. Nach seinem Studium der Geschichte, Französistik und Journalistik in Leipzig und Aix-en-Provence arbeitete er als Journalist für verschiedene Zeitungen und Hörfunksender. Seit 2003 ist er für den NDR tätig, seit 2014 als Literaturredakteur für NDR Kultur. 2011 wurde er für den Deutschen Radiopreis in der Kategorie »Bestes Interview« nominiert.

Eine Kooperationsveranstaltung von NDR Kultur und Literaturhaus Rostock. Die Veranstaltung wird aufgezeichnet (Audio) und zu einem späteren Zeitpunkt im Programm von NDR Kultur ausgestrahlt. Ort: Literaturhaus Rostock (im Peter-Weiss-Haus), Doberaner Straße 21, 18057 Rostock
Eintritt: 8,- €/erm. 6,- €*
Vvk. 6,- € zzgl. Gebühr: Pressezentrum/mvticket.de/andere buchhandlung * Ermäßigung auch für Inhaber*innen der NDR Kultur Card.

04. Dezember 2018 | 20:00 LiteraTour Nord 2018/19: Joachim Zelter: »Im Feld: Roman einer Obsession«

Lesung & Gespräch, Moderation: Prof. Lutz Hagestedt (Universität Rostock)[mehr]

»Im Feld« erzählt von der Parforce-Tour des Radvereins zu Christi Himmelfahrt und von der Sogwirkung eines rastlosen Pelotons: dem Zusammenwirken von Fahrrad, Mensch und sozialer Gruppe. In diesem Roman einer Besessenheit geht es nicht nur um Höhenmeter und wachsende Distanzen. Am Ende erweist sich Zelters Roman als gesellschaftspolitische Parabel von eminenter Wucht und handelt von uns allen: von Anpassung und Bereitwilligkeit, von Leistungsdruck und subtiler Tempoverschärfung, von der Unfähigkeit, auch nur eine Pedalumdrehung auszulassen. Joachim Zelter, geb. 1962 in Freiburg, studierte und lehrte englische Literatur in Tübingen und Yale. Seit 1997 ist er als freier Autor von Romanen, Hörspielen und Theaterstücken tätig. Seine Texte, häufig Gesellschaftssatiren, wurden mehrfach ausgezeichnet. „Der Ministerpräsident“ war nominiert für den Deutschen Buchpreis 2010. Zelter lebt in Tübingen. Ein kurzes Portrait des Radsportlers und Autors lässt sich außerdem auf youtube finden:  https://youtu.be/1Nc7LTrC9-4 Gemacht wurde der Film von Ramona Lengert und Dennis Lemmert. Ort: andere Buchhandlung, Wismarsche Straße 6/7
Eintritt: 9,- €/7,- €  erm.
Vvk.: andere buchhandlung – dort auch Kombi-Ticket (alle 6 Lesungen zum Preis von 5) Eine gemeinsame Veranstaltung der anderen buchhandlung, der Universität Rostock und des Literaturhauses Rostock im Rahmen der LiteraTour Nord.

02. Dezember 2018 | 14:00 Adventsbücherbasar mit Bilderbuch-Kino und weihnachtlicher Bastelei

Eintritt frei, bitte keine Anmeldungen mehr![mehr]

Adventszeit ist Lesezeit, und Lesevergnügen lässt sich teilen – am besten auf dem Adventsbücherbasar des Literaturhauses. Wer sein Regal leeren oder neu bestücken will, ist herzlich eingeladen, den Basar zu besuchen oder selbst einen Stand anzumelden. Neben Büchern können auch Spiele, CDs oder Filme neue Freunde finden. Vielleicht ist auch ein zukünftiges Weihnachtsgeschenk dabei? Das Junge Literaturhaus bietet ein Bilderbuch-Kino für Familien an. Auf der Bühne empfehlen der Rostocker Buchblogger Bookster HRO, Jule Foth (Leiterin Junges Literaturhaus) und Emily Grunert (Programmleiterin Literaturhaus) die beste Lektüre für die Feiertage. Und mit dem Team der Offenen Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) können kleinere und größere Kinder weihnachtlich basteln, nähen und ihre eigene Smoothies zubereiten, während auf dem Flur ausgiebig getobt werden kann.  Anmeldungen für Bücherstände (je 5,- € oder Beisteuerung eines Kuchens für den Basar) und Rückfragen zur Anmeldung bis zum 27.11. an volontaer@literaturhaus-rostock.de. Eine gemeinsame Veranstaltung von Soziale Bildung e.V., Peter-Weiss-Haus e.V. und Literaturhaus Rostock.                                                                  

27. November 2018 | 20:00 Ahne & Sedlmeir: »Rache!«

Ein Kriminal-Musical - Tatort Mecklenburg! +++ Vvk. ab sofort +++[mehr]

Der erfolglose Schriftsteller Torsten McCollough begibt sich auf den Weg in seinen wohlverdienten Urlaub: Zelten in Mecklenburg-Vorpommern. Seine Freundin wollte vor ihm anreisen und auf ihn warten. Aber schon bei der Ankunft auf dem Campingplatz muss McCollough feststellen, dass sie in der Zwischenzeit verschwunden ist. Ein Zeltplatz-Nachbar, »der Spießer«, informiert ihn, seine Freundin sei mit einem schnauzbärtigen Ausländer durchgebrannt. Mc-Collough, der an eine Entführung glaubt, versucht die Polizei einzuschalten. Da die zunächst nicht erreichbar ist, engagiert er ungeduldig einen gewissen Hugo Stark, »Europas ersten Privatkommissar«, einen größenwahnsinnigen Ermittler, angeblich aus L.A., der unverschämt hohe Honorare verlangt. Das scheint McCollough aber nicht weiter zu stören, er will seine Freundin zurück, koste es was es wolle. Ein Abend zwischen Lesung und Konzert, voller liebenswerter Antihelden, plattdeutscher Wahrsager und Songtitel à la McCollough in Rostock, Säbelrasseln und Drei-Farben-Sommer-Girl! Kommentiert von der Musikerin und Rahmenerzählerin Mareike Hube! »So komisch wie in ›Rache!‹ ist wahnhafte deutsche Identität noch selten demontiert worden.« Martin Hatzius, neues deutschland »Wer dieses Hörspiel mag, besitzt eine Seele; wer ihm nichts abgewinnen kann, ist eine Menschenmaschine ohne Herz.« Uli Hannemann, taz Ort: Literaturhaus Rostock (im Peter-Weiss-Haus), Doberaner Straße 21, 18057 Rostock Eintritt: 9,- €/erm. 6,- € Vvk: 6,- € zzgl. Gebühr: Pressezentrum, bei mvticket.de (http://bit.ly/RACHE-hro) und in der anderen buchhandlung

23. November 2018 | 20:00 Annett Gröschner: »Berolinas zornige Töchter - 50 Jahre Berliner Frauenbewegung

Lesung & Gespräch // Moderation: Claudia Kajatin (Geschäftsführerin des Landesfrauenrates M-V e.V.)[mehr]

Der Aufbruch der Frauen war eines der nachhaltigsten Ergebnisse der 68er-Bewegung. Im Westteil des geteilten Berlins entstanden die ersten Kinderläden, das erste autonome Frauenzentrum, die erste feministische Zeitung und das erste Frauenhaus. Im Ostteil waren die politischen Bedingungen einer unabhängigen Frauenbewegung andere. Sie wurde eine wichtige Strömung der Friedlichen Revolution 1989 und der Unabhängige Frauenverband eine wichtige Kraft bei der Wiedervereinigung.

In »Berolinas zornige Töchter« gelingt Annett Gröschner, die selbst Teil des Unabhängigen Frauenverbandes war, eine so souveräne wie hervorragend lesbare Rekonstruktion der Frauenbewegungen in Ost und West und ihrer Deutungen – ein Rückblick, der die Gegenwart im Blick hat. »Man erfährt viel Neues, kaum Bekanntes in diesem Buch … Vor allem aber verbindet Gröschner gekonnt die Gelassenheit der Historikerin mit dem Zorn der Zeitgenossin.« Jens Bisky, Süddeutsche Zeitung Annett Gröschner ist Schriftstellerin, Journalistin und Dozentin für Kulturjournalismus und Kreatives Schreiben. 1989 hat sie in Ostberlin die Gründung des Unabhängigen Frauenverbandes mitinitiiert und war 1990 Mitbegründerin der Frauenzeitschrift Ypsilon. 2013 hat sie mit zehn anderen den Frauenblog 10 vor 8 bei faz.net ins Leben gerufen, der seit Juli 2015 als Frauenkolumne 10 nach 8 bei Zeitonline.de erscheint. Seit 2012 ist sie Gastperformerin im Stück Schubladen der feministischen Performancegruppe She She Pop.
Ort: Literaturhaus Rostock (im Peter-Weiss-Haus), Doberaner Straße 21, 18057 Rostock Eintritt: 5,- €/3,- € erm. Eine Kooperationsveranstaltung von Heinrich-Böll-Stiftung MV, Landesfrauenrat M-V und Literaturhaus Rostock.

13. November 2018 | 20:00 Thomas Klupp: »Wie ich fälschte, log und Gutes tat«

Rückblick zu Thomas Klupp | LiteraTour Nord 2018/19[mehr]

Da Inger-Maria Mahlkes Lesung leider entfiel, bildete Thomas Klupp am 13. November den Auftakt der diesjährigen LiteraTour Nord in der anderen buchhandlung. In seinem Roman „Wie ich fälschte, log und Gutes tat“ verbindet der Autor Erinnerungen an seinen Heimatort mit gewitzten bis zynischen Einblicken in das Leben des Schülers Benedikt Jäger, der, um dem Leistungsdruck seiner High-Society-Eltern gerecht zu werden, nicht nur seine Noten konsequent fälscht und sich so durch’s Leben mogelt. Die Diskussion zwischen und nach der Lesung wurde von Prof. Dr. Lutz Hagestedt moderiert, Professor am Institut für Germanistik in Rostock. Neben der Beleuchtung von kriminellen Machenschaften, die der Protagonist bei einer Party der „Lady Lions“ zugunsten von Geflüchteten erkennt, geht es im Roman größtenteils um Prestige und die Erkenntnis, dass in so einer Welt nur diejenigen überleben, die vorgeben, etwas zu sein, was sie nur teilweise, oder gar nicht sind. So wird Benedikt Jäger, Hauptperson und eigentlich nur gut im Tennisspielen, dazu gebracht, seine Landesmeisterschaftskluft bei der Party anzuziehen, um Eindruck zu schinden, während die Geflüchteten, um die es tatsächlich geht, sich in Einheitskleidung um das Buffet kümmern. Der einzige, der im Roman sehr viel Wert auf Ehrlichkeit und Ordnung legt, ist der Mathelehrer „Sargnagel“, der, wie Klupp im anschließenden Gespräch erklärte, den Gegenpol zu Benedikts Welt voller Lügen bildet. Lutz Hagestedts Seminarteilnehmer*innen kamen ebenfalls zu der Veranstaltung und stellten einige Fragen, die sie bereits vorher im Kurs diskutiert hatten, so z.B., ob das Buch autobiographische Züge habe, was Klupp eher verneinte. Wichtig auch: ob der Protagonist ein gutes Verhältnis zu Frauen pflege, vor allem zu seiner Mutter. Insbesondere die Darstellung des Mathelehrers in Verbindung mit der trockenen, bissigen Erzählweise sorgten für eine gute Stimmung in der anderen buchhandlung – was auch daran lag, dass Thomas Klupp in der abschließenden Diskussions- und Fragerunde sympathische Einblicke in sein Privatleben und seine Tätigkeit als Dozent für Kreatives Schreiben offenlegte. Er bekundete seine Begeisterung für American Psycho, und seine Aussage, dass er „eher die Nordsee durchschwimmen würde“ als zu habilitieren, wurde vom Publikum lachend aufgenommen. Die Veranstaltung war Teil der LiteraTour Nord 2018/19, die jährlich in Kooperation mit der anderen buchhandlung und der Universität Rostock stattfindet. Unser Dank gilt dem Institut für Germanistik, insbesondere Professor Hagestedt für die Moderation.

Elisabeth Nagy (Praktikantin im Literaturhaus)